2 IM-Normen für Bavaria

Eine Co-Produktion von Jana Schneider und Lars Goldbeck

In zwei unterschiedlichen Turnieren haben Jana und Lars beide ihre jeweils erste IM Norm erreicht. Hier berichten sie über ihre Leistungen und Erfahrungen bei den Turnieren. Außerdem erklären sie, was es mit den Normen und Titel auf sich hat. Viel Freude beim Lesen!

 

Was ist eine IM Norm?

Im Schach gibt es Titel für besondere Leistungen, die beim Weltschachverband FIDE beantragt und von der FIDE verliehen werden. Es gibt die Titel CM (Candidate Master), FM (Fide Master), IM (International Master) und GM (Grand Master). Alle Titel bestehen auch in einer weiblichen Form (z.B. WGM). Die weiblichen Titel können nur von Frauen erlangt werden. Des Weiteren gibt es noch sogenannte Arena-Titel, bei denen glaube ich niemand genau weiß, wie man sie bekommt und warum man sie sich holt. In Österreich gibt es auch noch andere Titel wie den MK. Also wundert euch nicht, falls ihr mal ein Open in Österreich spielt und Titel lest, die ihr vorher nie gehört habt.

 

Was muss ich tun, um so einen Titel zu bekommen?

Um diese Titel zu erreichen, gibt es festgelegte Voraussetzungen, die von einem Spieler oder einer Spielerin erreicht werden müssen.

Für CM und FM reicht eine bestimmte Wertungszahl (ELO). Beim FM liegt die Grenze bei 2300.

Für IM und GM werden zusätzlich zu einer Wertungszahl auch drei Normen benötigt. Normen können bei bestimmten Turnieren mit gewissen Leistungen erreicht werden. Das gleiche gilt für WIM und WGM, hier ist aber die erforderliche Leistung niedriger.

 

Welche Voraussetzungen gibt es bei den Normen?

Für eine IM-Norm braucht ein Spieler bzw. eine Spielerin eine ELO Performance von 2450 oder höher bei einem Turnier mit mindestens neun Runden. Das heißt, man hat eine hohe Leistung über relativ viele Runden aufrecht erhalten. Gleichzeitig müssen die Partien auch gegen gute Gegner gespielt werden. Mindestens drei Gegner müssen einen IM oder GM-Titel besitzen. Mindestens zwei weitere Gegner müssen einen Titel besitzen, hier reicht aber auch FM, WFM, WIM oder WGM. Als weiteres Kriterium gilt die Internationalität des Turnierleistung. Diese ist erfüllt, wenn man gegen vier Spieler aus mindestens drei anderen Nationen als der eigenen gespielt hat oder die Teilnehmerliste des gesamten Turniers sehr viele Spieler anderer Nationen enthält.

Für eine GM-Norm muss eine ELO Performance von 2600+ erfüllt sein.

Es gibt auch noch ein paar Ausnahmen, das gesamte Regelwerk zu Normen ist hier nachzulesen: https://handbook.fide.com/chapter/B012022

 

Lars und Janas Normen

Lars hat seine Norm bei einem Open erfüllt. Seine Performance war 2457. Als Gegner hatte er 1 GM, 3 IMs, 3 FMs und zwei Gegner ohne Titel. Er hatte nur einen Gegner einer anderen Nation, aber das Turnier war international genug, um eine Norm erhalten zu können.

Jana hat ihre Norm bei einem Rundenturnier erfüllt. Ihre Performance war 2454. Als Gegner hatte sie 2 GMs, 1 IM, 3 FMs und drei Gegner ohne Titel. Sie hatte vier Gegner einer anderen Nation und zwar Serbien, Ukraine, Österreich und Indien.

Jana und Lars klären euch sicher gerne auf, wenn einer von euch in Normreichweite ist und weitere Fragen hat 😉

 

Erste IM-Norm für Lars Goldbeck bei der Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaft am Tegernsee 2021

Es ist zwar schon etwas her, aber in den Herbstferien reiste eine kleine aber feine Delegation (Steffi, Cédric und ich) aus Regensburg nach Gmund am Tegernsee zur OIBM. Endlich wieder  Präsenzschach, Openfeeling mit 333 Teilnehmern und das an einem der schönsten Orte der Welt. Was gibt es schöneres?
Insgesamt lief es für alle überragend, sodass wir alle uns über etwas Preisgeld freuen durften. Steffi konnte leider nicht das Turnier zu Ende spielen, aber ihr Puffer(5/7) reichte am Schluss um mit 8 Elo besserem Schnitt beste Frau zu werden und sich über ein größeres Elo Plus zu freuen.
Cédric spielte auch ein sehr gutes Turnier und schaffte es mit starken 6,5/9 in die allgemeinen Preisränge. Leider wurde ihm das beschleunigte Schweitzer System etwas zum Verhängnis und er es nicht ganz geschafft hat die 23 zu knacken. Spielen tut er sie auf jeden Fall, also beim nächsten Mal heißt es dann FM Oberhofer! Gratulation an beide! Starke Turniere!

Und zu guter Letzt noch zu meiner Wenigkeit:

Mein Ziel war es endlich mal wieder ein gutes Turnier zu spielen. Die Häme unter den bayerischen Kaderspieler wurde einfach zu groß als FM mit genau 2200Elo. OIBM war aber ein guter Ort für die Wiedergutmachung. Ich weiß gar nicht, seit wann ich schon jedes Jahr mitspiele, aber OIBM lief immer gut. Dementsprechend motiviert ging ich ins Turnier. Die wunderschöne Aussicht sorgte für weitere Motivation und Inspiration.

Wiederum war somit der U2200 Preis aufgrund von einem Elo Punkt in unerreichbare Ferne gerückt. Ein befreundeter Schachfreund mit einem Elo weniger wurde auch nicht müde darauf hinzuweisen.

 

Turnierverlauf

In der ersten Runde bekam ich es mit einem älteren 2000er zu tun. Er spielte lang gut mit, aber irgendwann bekam er zu viel Angst und machte einen ungünstigen Tausch. Ich schaffte es dann leider nicht die Partie direkt zu beenden, aber konnte meinen Vorteil ins Endspiel retten und verwerten.

In der zweiten Runde ging es mit Schwarz gegen IM Gerlef Meins. Gegen ihn hab ich auch bei der OIBM meine erste Live übertragene Partie gespielt. Ich schaffte es in der Eröffnung ihn zu überraschen, auszugleichen und mir einen Zeitvorteil zu erarbeiten. Irgendwann hab ich dann ein Qualiopfer zugelassen, was ich gesehen hab, aber wieder vergessen hatte. 

Ich stellte mich auf die Hinterbeine und hoffte aufs Beste. Im 39. Zug bot ich dann Remis und er sah in Zeitnot keine Möglichkeit weiter zu kommen und nahm an. Wenn man die Engine befragt, konnte ich darüber nicht besonders böse sein.

In der 3. Runde ging es gegen IM Ashot Parvanyan. Gegen ihn hatte ich bereits vor zwei Jahren gespielt und war nach langem Kampf als Sieger hervorgegangen. Mit diesem psychologischen Vorteil ging ich mit der Devise in die Partie, auf die eigenen Stärken zu vertrauen und Stellungen zu spielen, in denen ich mich wohl fühle und er ggf. nicht. Das klappte auch sehr gut! Er hatte einmal die Möglichkeit, die Initiative an sich zu reißen, da ich mich verrechnet hatte, aber er nutzte sie nicht und so stand ich die ganze Partie über angenehmer. Einen schlechten Abtausch später und er konnte nur noch zusehen, wie ich genüsslich meinen Vorteil ausbaute. Statt passiv zu spielen, fing er an Bauernopfer anzubieten. Statt diese direkt anzunehmen, stabilisierte ich erstmal meine Stellung und nahm dann erst nach ausreichender Absicherung die Geschenke an und konnte den vollen Punkt erringen!

 

In der nächsten Runde konnte ich mich dann in die Tiere im Zoo hineinversetzen, da ich im abgesperrten Bereich spielen durfte gegen meinen 4. Gegner Dieter Morawietz. Ich schaffte es, mich punktgenau vorzubereiten und hatte eine bessere Stellung mit Zeitvorteil. Dies konnte ich auch wenig später in einen starken Angriff umwandeln, der ihn zwang, Material zu opfern. 

Wäre vermutlich am besten gewesen, nach Lh6 g6, die Quali nicht zu nehmen, aber ich entschied mich fürs Schlagen. Ich hatte etwas unterschätzt, wie viel Spiel Schwarz bekommen würde. Meine Stellung war gut, aber schwer zu spielen und so gab ich etwas von meinem Vorteil ab und stellte dann leider kurz vor dem 40. die ganze Partie ein. Passiert, nicht unterkriegen lassen und nächste Runde stärker zurück kommen!

In der 5. Runde ging es dann gegen Hannes Hetzner, einen gefährlichen jugendlichen Angriffsspieler, den ich teils schon über Kadermaßnahmen betreut habe. Devise: Solide spielen und dann nachher auf Erfahrung setzen und wieder zurück in die Spur finden. Klappte auch größtenteils relativ gut, dann fand ich aber keinen überzeugenden Plan zwischenzeitlich und musste ihn austricksen. Bei bestem Spiel hätte es in einem remislichen Endspiel geendet, er übersah aber eine Möglichkeit und sah sich mit einem etwas schwächlichen Isolani konfrontiert. Er schaffte dann zwar, mir auch einen zu verpassen, aber in den Verwicklungen kam dafür seiner abhanden und ich stand vor der Aufgabe, ein besseres Endspiel zu verwerten. Ohne versuchen, etwas zu überstürzen, schickte ich meinen Freibauern auf eine Mission. Dies erwies sich dann als zu viel zum Verteidigen und so konnte ich nach über 5h den vollen Punkt erzielen.

Am nächsten Tag erwartete mich Jonas Roseneck, gegen den ich schon zweimal bei Jugendturnieren die Ehre hatte. Dort hatte ich zweimal Weiß und verlor beide. Diesmal hatte ich aber Schwarz, also Start bei Null praktisch 😉
Nach wilden Komplikationen und beiderseitiger Zeitnot erreichten wir ein chaotisches Endspiel, wo er Dame gegen meine zwei Türme hatte. Nach langem Kampf und Leiden meinerseits ging es dann friedlich aus. Er hatte wohl mal einen Gewinn in einer Stellung: wäre, wäre, Fahrradkette.

Als Nächstes ging es gegen meinen guten Freund und Trainerkollegen Max Hess, mit dem ich schon oft die Blitzuhren in den Wahnsinn getrieben habe. Im klassischen Schach hatte ich die letzte Partie leider verloren und wollte natürlich meine Revanche. In der Eröffnung konnte ich ihn überraschen, aber er reagierte gut und ich dachte ich hatte was gesehen, was er übersehen hatte, aber ich hatte einfach nicht seine Antwort gesehen bzw. falsch eingeschätzt. Uppsie. Er erlaubte mir dann aber das Zentrum zu öffnen, wonach seine Figuren etwas abgeschlagen am Damenflügel waren. Ich sah meine Chance und installierte einen Magnet an seinem König (geht nur bei DGT Brettern) und meine Figuren wurden auf magische Weise angezogen.

Auf den ersten Blick sah es ungefährlich aus, aber auf einmal drang mein Springer entscheidend ein und zwang Schwarz zur Aufgabe.
Ein Blick auf chess-results offenbarte dann auch das Magische: Ich hatte die magische Grenze von 2450 überschritten und ich hatte bereits alle weiteren formalen Anforderungen bzgl. Titelträger erfüllt. War die Norm möglich?

Nervös, aber auch sehr glücklich ging es dann in die Vorbereitung für die vorletzte Runde gegen FM Eduard Miller.  Meine Berechnungen ergaben, dass bei einem Sieg die Norm sicher wäre, bei einer Niederlage ich drauf hoffen müsste, einen starken Gegner zu bekommen und diesen in der letzten Runde zu schlagen. Bei Remis war es sicher, dass ich meine Chancen in der letzten Runde behalten würde und je nach Gegner mit einem Remis oder Sieg auf die erforderliche Performance von über 2450 kommen würde. So entschied ich mich die Partie solide anzulegen und auf meine Chancen zu hoffen. Dies klappte sehr gut, ich ließ mich nur etwas von seinen Psychotricks aus dem Konzept bringen. Ich hatte dann eine sehr gute Möglichkeit, den vollen Punkt zu erzielen, aber nutzte sie nicht. Er bot mir dann mit beginnender beiderseitiger Zeitnot ein Figurenopfer an. Ich hatte eine Variante gesehen, wo er ein Dauerschach hätte und sagte mir, morgen ist auch noch ein Tag. Statt alles auf eine Karte zu setzen, nahm ich die Figur, bot Remis und ging Spazieren und aß einen Glückskeks. Dieser sagte mir, besonnen bleiben, auch wenn man nicht zufrieden mit der Situation ist. Das versuchte ich mir zu Herzen zu nehmen. Als ich dann zurück kam, kam mir Eddi schon entgegen und sagte mir, er hätte angenommen.

Die Paarungen sorgten dann für Erstaunen, ich bekam GM Chanda Sandipan aus Indien zugelost. Die Rechnungen der Schiedsrichter, Vereinskollegen und meine eigene ergab dann Folgendes: ein Sieg oder Remis war notwendig, um eine Norm zu erzielen. Wäre es respektlos gegen einen GM, bei dem es nicht ideal läuft Remis zu bieten nach der Eröffnung?
Im 12. Zug wollte er noch weiterspielen und stellte mich vor die Entscheidung eine äußerst zweischneidige oder solide Stellung anzustreben. Ich, der nicht gekommen war, um zu bunkern, nahm den Federhandschuh an und so entwickelte sich eine sehr gehaltvolle interessante Partie, in der ich besser stand, aber es sehr kompliziert war. Im 18. bot er dann selber Remis, seine Stellung war ihm auch nicht 100% geheuer.

Ich nahm an ohne nachzudenken, ich mochte zwar meine Stellung, aber meine Nerven gaben mir keine andere Wahl, ich wollte es nicht riskieren ohne Norm nach Hause zu gehen.

Nächste OIBM kann ich mir dann ja einen GM-Skalp vornehmen 😉

Hier zum Nachverfolgen noch alle meine Runden:

Abschließend noch einige Bavaria Bilder vom Turnier. Die beiden Bilder am Brett sind von der Veranstalter Homepage https://www.schach-tegernsee.de/galerie-oibm-2021/ 

 

Erste IM-Norm für Jana Schneider beim Millennium Meisterturnier in Rosenheim 2022

Vom 23. Bis 30. März 2022 fand in Rosenheim das erste Millennium-Meisterturnier statt, organisiert vom Bayerischen Schachbund. Dort konnte ich mit 6/9 Punkten meine erste Norm für den Titel Internationaler Meister erreichen.

 

Warum ein Normenturnier?

Das Millennium-Meisterturnier wurde ausgerichtet, um bayerische Jugendliche und junge Erwachsene zu unterstützen. Hier bekamen sie die Chance, eine IM-Norm zu erzielen. Im Gegensatz zu anderen Turnieren waren hier beste Voraussetzungen gegeben. Die Spielenden brauchten nur eine bestimmte Punktzahl zu erreichen, da für die restlichen Anforderungen wie Anzahl Titelträger schon bei der Einladung der Teilnehmenden gesorgt wurde. Für mich (und die meisten anderen) lag die magische Grenze bei 6 Punkten. Unterstützt wurde das Turnier vom Deutschen Schachbund, von der Bayerischen Schachjugend und von der Firma Millennium, einem Hersteller von Schachcomputern und elektronischen Schachbrettern.

 

Wer spielt mit?

Insgesamt fünf bayerischen Kaderspielern sollte die Chance auf eine Norm bei diesem Turnier gegeben werden. Die meisten von ihnen kommen aus der Münchner Umgebung und hatten daher eine recht kurze Anreise. Max Hess, der lange Zeit für den SC Garching spielte, besitzt schon eine IM-Norm. Leonardo Costa hat schon mehrere Deutsche Jugendmeisterschaften gewonnen. Benedikt Huber gehört seit Jahren zur bayerischen Spitze seines Jahrgangs und spielt für den SK München Südost. Außerdem wurde Lars Goldbeck eingeladen, den wir vor allem durch seine Glanztaten in den Mannschaftskämpfen für unsere erste Mannschaft kennen. Außerdem erzielte er letzten November seine erste IM-Norm (siehe anderen Bericht). Damit war ich die einzige, die nicht im Münchner Umland aufgewachsen ist.

Zu einem IM-Turnier Feld gehören außerdem vier Spieler eines anderen Verbandes als des Ausrichterlandes sowie drei Titelträger mit einem IM oder GM Titel. Der junge Johannes Lerch ist ein Spitzenspieler aus Österreich. Der einzige internationale Meister im Teilnehmerfeld ist Soham Das, ursprünglich aus Indien, der schon mehrere Jahre in Deutschland lebt und für den Schachklub Tarrasch München spielt. Längste Anreise hatte Großmeister Nikola Nestorovic aus Serbien. Topgesetzter Großmeister ist Michael Prusikin, mein langjähriger Trainer.

Das Feld komplettieren sollte der Schweizer Benedict Hasenohr, der kurz vor dem Start wegen einer Corona Erkrankung ausfiel. Als Ersatz spielte Petro Lohvinov, ein starker bayerischer Jugendlicher, der noch für die Ukraine gemeldet ist.

 

Turnierverlauf

Auf der Homepage der Bayerischen Schachjugend gibt es zahlreiche Berichte, von mir und von anderen, über den Verlauf des Turniers. Ich werde hier vor allem über mein Turnier und meine Partien berichten.

Die erste Runde war die, vor der ich am meisten aufgeregt war. Das ist ja oft so bei ersten Runden eines Turniers. In diesem Fall spielte ich zum ersten Mal in einer klassischen Turnierpartie gegen meinen langjährigen Trainer Michael Prusikin.

Hier hatte ich einen Bauern verloren, aber trotzdem keine schlechtere Stellung. Mit 18…d4 konnte ich die Stellung weiter öffnen und die Kraft meiner Figuren voll entfalten. Die Gegenüberstellung von Turm und Dame auf der d-Linie, sowie die Fesselung des Springers auf b5 an den Turm f1 führen dazu, dass sogar Weiß hier aufpassen muss. Michael wickelte in ein remises Turm-Läufer Endspiel ab.

Auch in der zweiten Runde wollte ich eine möglichst solide Partie spielen. Gegen Leonardo konnte ich ein weiteres eher ungefährdetes Schwarz Remis erreichen. Nach 27…Sd3 28.Dxd3 Dxf2+ gab ich mit Dg1 – Df2 Dauerschach. Leonardo traute sich zurecht nicht, mit dem König rauszulaufen.

Nach zwei guten Partien wollte ich in der nächsten Runde gegen Max Hess meinen Anzugsvorteil nutzen und versuchen, auf Gewinn spielen.

Er überraschte mich in der Eröffnung. Relativ schnell erreichten wir ein Endspiel, in dem ich ihn überspielte und schließlich einen Bauern gewann. In einer souveränen Partie kam es zu folgender Stellung:

Nach 67.Sg8 Lf8 entstand eine amüsante Variation der Grundstellung. Meinen König brachte ich aber nicht mehr nach e8.

Nach diesem Sieg folgte die einzige Doppelrunde des Turniers. Morgens um 9 Uhr durfte ich gegen Soham Das spielen, der die Partie mit 1.a3 eröffnete. Nach 1…d5 2.f4 erreichte er Holländisch mit vertauschten Farben, das a3 Tempo bringt ihm hier gar nichts. Mit einem spannenden Königsangriff konnte ich die Partie gewinnen.

Am Nachmittag hatte ich wieder Weiß und spielte gegen Johannes Lerch die Spanische Eröffnung. Im weiteren Verlauf schaffte ich es einen seiner Springer auf b7 kaltzustellen. In dieser Stellung geht sogar ein taktischer Schlag:

24.Txa6! funktioniert dank der Fortsetzung 24…Txa6 25.Lxb5 Ta2 26.Dc4! +- In der Partie nahm er den Turm auf a6 nicht zurück und ich verwertete den daraus resultierenden Mehrbauern.

Gegen Petro Lohvinov remisierte ich ein Turmendspiel, das aus der Spanischen Abtauschvariante entstand. An einer Stelle hätte er mich vor Probleme stellen können und sollen, aber er verpasste die Stelle und musste sich schließlich mit einer Zugwiederholung zufrieden geben.

4,5/6 Punkte bedeutete die geteilte Tabellenführung und beste Normenchancen. Aus den letzten drei Runden sollte ich also die Hälfte der Punkte holen, um das große Ziel, die IM Norm zu erreichen. Einen dieser Punkte wollte ich in der siebten Partie gegen meinen Teamkollegen Lars holen. Wir hatten noch nie gegeneinander in einer klassischen Turnierpartie gespielt.

Nach dem überraschenden Einschlag 21.Sxd5 Lxd5 22.Lxd5 Dxd5 23.Lh2 ist der Läufer auf e7 nicht zu decken (nach Kf8 folgt Dh6+). Mit einem Bauern mehr und einer super Stellung ließ ich mir den Sieg nicht mehr nehmen.

Gegen Großmeister Nikola Nestorovic spielte ich mit Schwarz in der vorletzten Runde um die Tabellenführung und um die Norm. In der Eröffnung überraschte er mich und wickelte mit 16.Dxe7 Dxe7 17.Txe7 dxc4 18.Txd6 in ein sehr gutes Endspiel für ihn ab. Im weiteren Verlauf ließ er mir keine wirkliche Chance mehr und setzte sich mit diesem Sieg an die Tabellenspitze.

In der letzten Runde spielte ich gegen Benedikt Huber mit Weiß schnell Remis. Er hatte seine Norm schon sicher und sicherte sich damit den zweiten Platz. Ich erreichte mit dem Unentschieden meine erste IM Norm, den dritten Platz und ein gutes ELO Plus von 45 Punkten. Damit bin ich wieder zurück auf 2300+

 

Turnierfazit

Für mich war es ein sehr erfolgreiches, aber auch sehr angenehmes Turnier. Die meiste Zeit herrschte gutes Wetter und die Spielbedingungen in Rosenheim waren sehr gut. Es herrschte eine sehr freundliche Atmosphäre zwischen den Spielenden und auch den Schiedsrichtern. Wir analysierten oft noch miteinander und aßen gemeinsam im Gasthof Höhensteiger.

Zusätzlich fand ich es schön, meinen Trainer vor Ort mit dabei zu haben. Nach der ersten Runde mussten wir uns ja auch keine Gedanken mehr über unsere kommende Partie gegeneinander machen. Zwar hat er mich nicht während des Turniers auf die Partien vorbereitet (er spielte ja selber und hatte seine eigene Vorbereitung), aber analysiert haben wir manchmal gemeinsam und auf jeden Fall über die Partien und Fehler gesprochen.

 

Lars Performance

Noch ein paar Worte zu Lars, er war ja schließlich auch mit bei dem Turnier dabei. Er erwischte ein rabenschwarzes Turnier, kann aber sicher viel aus den Partien lernen. Nicht nur schachlich, sondern vor allem auch psychologisch. Für ihn war es außerdem das erste Rundenturnier mit IM-Norm Chancen. Beim nächsten Mal wird das sicher wieder besser.

Lars ist aber auch sehr positiv dadurch aufgefallen, dass er sich mit den anderen und vor allem mit mir gefreut hat und gleichzeitig auch versucht hat, das Positive an seinen Partien zu sehen. Seine Eröffnungsvorbereitung war sehr stark und er erreichte fast immer gute Stellungen aus der Eröffnung heraus. Außerdem zeigte er sich experimentierfreudig mit Schwarz: Gegen 1.e4 spielte er 1…c6, 1…e6 und 1…e5 jeweils einmal. Dass er viel besser spielen kann als in Rosenheim, zeigte er zum Beispiel im November letzten Jahres bei der Offenen Internationalen Bayerischen Meisterschaft in Gmund am Tegernsee.

Ein paar Worte von Lars selbst: „Ich fand halt leider nicht richtig ins Turnier, hatte mit Allergieproblemen zu kämpfen und schaffte es so nicht groß etwas aus meinen guten Stellungen und solider Partieanlage zu machen, statt sie einzustellen. Im letzteren war ich leider zu erfolgreich. Trotzdem positiv nach vorne schauen, beim nächsten Mal wird es besser! Um aus Batman zu zitieren: „Warum fallen wir? Damit wir lernen wieder aufzustehen!“

 

Danke!

Ein Dankeschön von mir an alle, die bei Ausrichtung und Durchführung des Millennium Meisterturniers beteiligt waren. Eine genauere Aufzählung ist in meinem Bericht auf der Seite der Bayerischen Schachjugend zu finden. Dankeschön für die Einladung. Ich hoffe auf eine Wiederholung dieses Events.

Ein großes Dankeschön an meinen Trainer Michael Prusikin. Nicht nur für die spannende und qualitativ hochwertige Partie. Ich habe mich sehr gefreut, ihn bei diesem Turnier mit meinen Partien stolz zu machen und ihn vor Ort mit dabei zu haben. Natürlich war ich auch stolz, am Ende vor ihm gelandet zu sein.

Außerdem danke an alle, die mir während des Turniers die Daumen gedrückt haben, an mich geglaubt haben und mich unterstützt haben, besonders meine Familie.

Zum Abschluss noch eine Bavaria Impression vom Turnier. Die meisten der Bilder wurden von Peter Eberl gemacht und sind auch auf der Homepage der Bayerischen Schachjugend zu finden.

 

 

Dankeschön fürs Lesen und Sorry, dass der Beitrag so ewig lang geworden ist 🙂

 

Quellen:

Screenshots von Chessbase, Chess24 und Chessresults

1 Gedanke zu „2 IM-Normen für Bavaria“

  1. Interessant, ich hab mir die Partien mal ganz angeschaut.
    Lars, ich fand das Schlagen der Quali gegen Morawietz schon ok, vielleicht solltest du aber statt sofort aktiv zu werden besser mit 26.Te4 seinen Turm wegtauschen, eine kritische Variante könnte dann sein 26…Sf6 27.Txc4 Dxc4 28.Td1 Dxa2 29.Dd3 mit der Idee Dd4, was seinen Springer fesseln oder vertreiben würde und daher der Druck auf d5 abnimmt. Dann sieht es doch gut aus für Weiß, weil du danach deinen Turm gut aktivieren kannst? Dein Caro-Kann gegen Roseneck fand ich interessant, …h6 statt ..h5 sieht man ja nicht alle Tage. Und du hast es geschafft, den besseren Läufer zu behalten, nach 18…b5 sieht es doch gut aus für Schwarz.
    Jana, das Dauerschach gegen Costa war hüsch. Und ein paar deiner Partien fand ich ziemlich überzeugend, unter anderem gegen Das und gegen Hess das Würgegriffspiel mit den viel besseren Figuren. Und taktisch hast du ja auch was drauf wie der Bericht zeigt. 🙂 Bloß gegen Lars 23.Lh2 versteh ich so überhaupt nicht, nach 23.Lg3 hätte dein König keine Mattdrohungen zu beachten und eventuell kann der Läufer ja über h4 noch eingreifen.
    Jedenfalls schön, dass ihr diese Berichte schreibt. Netter Bericht, und Glückwunsch an euch beide!

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