London/Konstanz (dpa) – Hervorragende Schachspieler zehren vor allem vom riesigen Fundus ihrer im Gedächtnis gespeicherten Schachsituationen. Amateure dagegen sind viel stärker damit beschäftigt, die Situation auf dem Brett neu zu analysieren und im Gedächtnis aufzunehmen. Das wiesen Forscher der Universität Konstanz beim Beobachten der Gehirnaktivitäten nach. Diese Unterschiede seien direkt proportional zu den ELO-Werten der Spieler, einer international gebräuchlichen Einstufung der Spielstärke im Schach, berichten sie in der britischen Zeitschrift „Nature“ (Bd. 412, Nr. 6847, S. 603) vom Donnerstag.
Ognjen Amidzic und seine Kollegen ließen je 10 begabte „Kaffeehausspieler“ und Meister des königlichen Spiels gegen ein starkes Computerprogramm antreten. Jeweils 5 Sekunden nach dem Zug des Computers registrierte das Forscherteam mit der Magnet- Resonanztechnik den Ort eng begrenzter Aktivitätsschübe im Gehirn der Spieler. Dabei fanden die Forscher, dass diese bei den Amateuren stark in den Schläfenlappen stattfanden, die für die Analyse neuer Situation und die Bildung neuer Gedächtnisinhalte zuständig ist. Die Meister dagegen zeigten starke Aktivitäten in Bereichen der Hirnrinde, die beim Langzeitgedächtnis eine Rolle spielen. Diese Unterschiede waren um so ausgeprägter, je stärker beziehungsweise schwächer die Spieler nach dem ELO-System des internationalen Schachverbandes eingestuft waren.
Dies Ergebnis bestätige die Theorie, dass Schachspieler bekannte Situationen in Form von Blöcken abspeichern und bei Bedarf wieder abrufen, schreibt Amidzic. Ein guter Spieler speichere vermutlich über 100 000 Spielsituationen wie in einer Datenbank in seinem Gehirn. „Die Genialität eines Spielers scheint in der Hierarchie und dem Abruf dieser Blöcke zu liegen.“
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