„Wir brauchen dich doch!“
Chronik einer Schachpartie
(von Karlheinz Zöchling)
In meiner nunmehr zehnjährigen schachlichen Praxis habe ich mit Sicherheit schon schlechtere Partien gespielt als die, deren Chronologie ich im folgenden darlegen werde. An genereller Verkettung irrsinniger, surealer oder einfach nur vollkommen idiotischer Begebenheiten sowohl während der Partie als auch (und das besonders) in ihrer Vorgeschichte stellt sie allerdings einen absoluten Tiefpunkt meiner schachlichen Laufbahn dar. Ich hoffe, daß dieser niemals übertroffen werden wird.
Um in vollem Ausmaß zu begreifen, welchen Stellenwert diese knapp vier Stunden schachlicher Betätigung in meinem Denken in Zukunft einnehmen werden, ist es notwendig, den Gang der Ereignisse bereits einige Tage zuvor aufzugreifen.
Allenfalls notwendige Vorkenntnisse:
Name meiner Mannschaft: Tschaturanga
Name der gegnerischen Mannschaft: Simmering
Spielklasse: Wiener Landesliga, 4. Runde
Persönlicher Status: Eigentlich Ersatzspieler, allerdings in jeder der bisherigen 3 Runden zum Einsatz gekommen
Donnerstag, 3. Dezember 1998
etwa 17:00 Uhr
Mein Mannschaftsführer erkundigt sich fernmündlich, ob ich in der Lage und willens bin, am Samstag, dem 5. Dezember 1998 um 15:00 Uhr zu spielen. Ich bejahe das und bekomme daraufhin folgende Informationen:
a) es handelt sich um ein Auswärtsspiel
b) Spielort Espresso Sykora, Weißenböckstraße 4 in Wien-Simmering (= Arsch der Welt)
Freitag, 4. Dezember 1998
0:30 Uhr
Nach einer Ligabegegnung in der Sportart Dart (einer von mir weit erfolgreicher als Schach betriebenen Betätigung) zu Hause angelangt spüre ich heftige Anzeichen einer Erkältung. Ich fasse den Entschluß, meinem Mannschaftsführer in seiner Firma via Anrufbeantworter mitzuteilen, daß ich ob dieser Anzeichen (leichtes Fieber, starker Husten) gewisse Bedenken meinen Einsatz betreffend hege.
1:00 Uhr
Ich setze den eine halbe Stunde zuvor gefaßten Entschluß in die Tat um. Ich ersuche dabei meinen Mannschaftsführer um Bestätigung des Erhalts dieser Nachricht und gehe schlafen.
nach 1:00 Uhr
Während ich schlafe bricht der Winter in Form von heftigen Schneefällen und ebenso heftiger Kälte in der Stadt aus.
etwa 15:00 Uhr
Da die erbetene Bestätigung ausgeblieben ist, kontaktiere ich meinen Mannschaftsführer diesbezüglich fernmündlich, nicht ohne eine gewisse Sorge, ihn auch tatsächlich anzutreffen.
etwa 15:01 Uhr
Die oben beschriebene Sorge erweist sich als grundlos. Mein Mannschaftsführer, den ich persönlich am Telefon erreiche, teilt mir mit, daß er meine Nachricht sehr wohl erhalten habe, zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings nicht sagen könne, ob ein Ersatzmann (für mich, den Ersatzmann…) verfügbar sein wird. Mein Mannschaftsführer gibt dezidiert seiner Freude Ausdruck, daß „…du dich schon weit besser anhörst als am Anrufbeantworter!“, was mir zeigt daß er praktisch folgendes annimmt:
a) ich werde mit hoher Wahrscheinlichkeit am nächsten Tag zumindest die Wohnung verlassen können
b) a) ist eine hinreichende Voraussetzung am Wettkampf teilzunehmen
c) er wird sich bemühen, einen Ersatzmann zu finden, schätzt die Erfolgsaussichten dieses Bemühens allerdings als sehr gering ein
Wir treffen die Vereinbarung, daß er mich am nächsten Tag „um 12 Uhr“ fernmündlich davon in Kenntnis setzen würde, ob ein Ersatzmann gefunden wurde oder ob ich, sofern es mein Gesundheitszustand erlaubt, spielen muß.
ab 15:15 Uhr
Nunmehr praktisch in der Gewißheit, am nächsten Tag zu spielen, setze ich zur Planung der Anreise nach Simmering folgende Schritte:
a) „Wo ist diese Scheiß Weißenböckstraße?“ – ich konsultiere einen (elektronischen) Stadtplan
b) Die befürchteten Tatsachen treffen zu (ist am Arsch der Welt)
c) Aufgrund des Wintereinbruchs und im Wissen um die Ausrüstung meines PKW mit Sommerreifen plane ich, zur Anreise die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen.
d) Ich plane weiters mit Hilfe modernster Mittel (Online – Fahrplanservice der Wiener Linien im Internet) die Anreise mit Schwerpunkt auf Umsteigminimierung
von etwa 17:00 bis 24:00
Um eine schnellere Genesung zu erreichen nehme ich in regelmäßigen Abständen heiße Suppe, Orangen und Tee zu mir, während ich in einem bequemen Sessel neben meinem Ofen und mit geheucheltem Interesse dem österreichischen Fernsehen folge.
Samstag, 5. Dezember 1998
0:30 Uhr
Die Anstrengungen zur Bekämpfung der Erkältung tragen Früchte. Ich habe kein Fieber, huste kaum noch und esse mit großem Genuß eine Knoblauchwurst mit Brot.
1:00 Uhr
Ich gehe schlafen.
3:00 Uhr
Ich wache mit Bauchdrücken auf, gehe auf die Toilette und denke dabei lange und angestrengt darüber nach, was ich falsch gemacht haben könnte.
3:30 Uhr
Ich identifiziere die Knoblauchwurst als Ursache meiner Beschwerden.
ab 4:00 Uhr
Ich versuche wieder einzuschlafen. Es gelingt mir etwa um 10:00 Uhr vormittags.
12:00 Uhr
Ich werde vom Telefon geweckt. Mein Mannschaftsführer teilt mir auf diesem Weg mit, daß er keinen Ersatzmann finden konnte.
12:00 Uhr bis 13:50 Uhr
Ich sehe fern und nehme einen leichten Brunch zu mir. Es gelingt mir mit einiger Anstrengung, während dieser Zeit wach zu bleiben.
13:51 Uhr
Ich breche in Richtung Simmering auf. Mein Zustand läßt sich folgendermaßen zusammenfassen:
a) die Symptome der Erkältung sind stark reduziert
b) a) könnte die Folge von Genesung oder eingeschränkter Wahrnehmung aufgrund eines akuten Schlafmangels sein, das läßt sich nicht eindeutig feststellen
c) ich bin sehr, sehr, sehr müde und annähernd hirntot
14:00 Uhr
Im Bahnhof Wien Nord benutze ich eine Rolltreppe der ÖBB mit der Absicht, an einen Bahnsteig der Schnellbahn zu gelangen. Die Rolltreppe bleibt auf halbem Weg wahrscheinlich aufgrund eines Defektes stehen, wodurch ich und mehrere andere Benützer dieser Rolltreppe den Rest des Weges zu Fuß gehen müssen. Das sich direkt vor mir befindliche ältere Ehepaar hat damit einige Schwierigkeiten, allerdings sind sowohl Hilfeleistung als auch Überholen unmöglich, da die Rolltreppe ein älteres, „einspuriges“ Modell ist.
14:02 Uhr
Am Bahnsteig befindet sich ein Schnellbahnzug. Ich steige ein.
14:03 Uhr
Ich bemerke, daß der Zug in die falsche Richtung fährt.
14:06 Uhr
Ich verlasse den Schnellbahnzug. Dabei kommt es (höchstwahrscheinlich aufgrund starker Übermüdung) zu einer bemerkenswerten Fehlleistung meinerseits: Ich verwechsle den Türschließknopf mit dem Türöffner, was dazu führt, daß ein Fahrgast mehrmals die Tür öffnen will, ich sie allerdings stets wieder schließe, weil ich auf den Türschließknopf drücke, den ich für den Öffner halte. Nachdem dies etwa fünfmal passiert, bemerke ich meinen Fehler und wir können das Treibfahrzeug verlassen. Ich ziehe mir durch diese Fehlleistung vermutlich den Unmut einer Reihe von Fahrgästen zu, werde deswegen aber nicht beschimpft (oder bemerke zumindest die Beschimpfung nicht). Ich gehe zum gegenüberliegenden Bahnsteig.
14:12 Uhr
Ich besteige einen weiteren Schnellbahnzug
14:13 Uhr
Der Zug fährt in die richtige Richtung, hurra!
14:23 Uhr
Drei Stationen weiter verlasse ich die Schnellbahn und begebe mich zur Straßenbahnhaltestelle der Linie 71. Nach eingehendem Studium der ausgehängten Streckenführung vergewissere ich mich, in welche Richtung ich fahren muß.
14:26 Uhr
Ich besteige eine Straßenbahngarnitur der Linie 71.
14:27 Uhr
Die Straßenbahn fährt in die richtige Richtung, hurra!
14:28 Uhr
Ich bemerke, daß die Straßenbahngarnitur nicht beheizt ist. Ich überlege, welche Folgen diese Tatsache auf meine möglicherweise immer noch vorhandene Erkältung haben könnte.
etwa 14:34 Uhr
Ein älteres Ehepaar setzt sich mir gegenüber.
14:35 Uhr
Das ältere Ehepaar bespricht die Tatsache, daß die Straßenbahngarnitur nicht beheizt ist.
14:36 Uhr
Inzwischen besprechen mehrere Fahrgäste die Tatsache, daß die Straßenbahngarnitur nicht beheizt ist. Ich versuche aufmerksam und konzentriert, Anzeichen festzustellen, die darauf hindeuten könnten, daß diese Tatsache bereits Einfluß auf meinen Gesundheitszustand ausgeübt hat, kann aber keine finden. Ich versuche angestrengt, nicht einzuschlafen.
14:48 Uhr
Die Straßenbahngarnitur hält in der Station Weißenböckstraße. Ich bin nicht eingeschlafen und steige aus.
14:49 Uhr
Ich finde die Weißenböckstraße überraschend schnell.
14:51 Uhr
Ich finde das Spiellokal Espresso Sykora Weißenböckstraße 4 überraschend schnell.
14:55 Uhr
Da ich nicht weiß, warum ich keine Erkältungssymptome spüre, konsumiere ich prophylaktisch eine Tasse Tee mit Rum. Ich spüre danach keine Veränderung meines Zustands.
14:55 bis 15:05 Uhr
Mehrere Mannschaftskollegen und Spieler der gegnerischen Mannschaft treffen ein, darunter auch mein Mannschaftsführer. Er teilt mir mit, daß aufgrund irgendeines Zufalls ein weiterer unserer Spieler (offensichtlich als Zuschauer) anwesend ist, und daß dieser Spieler statt mir spielen könnte, wenn ich mich außerstande sehe, die Partie zu bestreiten. Allerdings nur in diesem Fall, weil er zwar spielen könnte, allerdings nicht möchte. Ich denke an die Ereignisse der letzten Stunden und Tage und kann eine gewisse Konsterniertheit und Verblüffung nicht ganz unterdrücken.
15:05 Uhr
Ich entschließe mich, auch aufgrund der bisherigen Ereignisse, zu spielen. Als ich mich zum Zurechtrücken der Figuren an mein Brett setze bemerke ich, daß das Spiellokal – vornehm ausgedrückt – gewissen Komfort vermissen läßt. Die (ziemlich kleinen) Spieltische sind an die Wände verbannt worden, weil in der Mitte des Raumes ein großer Tisch steht, der – aus welchen Gründen auch immer – anscheinend zum Schachspielen nicht geeignet ist sondern nur dafür sorgt, daß nicht nur diejenigen Spieler, die mit dem Rücken zur Wand sitzen, beim Hinausgehen über ihre Kollegen steigen müssen sondern auch die ihnen gegenübersitzenden. Gleiches Recht für alle. Zwischen mir und dem Schachbrett liegen immerhin etwa 2 Zentimeter Tischkante. Ich stütze mich beim Spielen gerne mit dem Ellbogen am Tisch ab. Ich versuche es, rutsche aber immer wieder ab. Die „Ersatzhaltung“ mit verschränkten Armen am Tisch versuche ich bei den 2 Zentimetern erst gar nicht. Immerhin: der große Tisch hinter mir verhindert, daß ich nach hinten kippe. Ich fühle mich schon richtig heimelig.
etwa 15:10 Uhr
Der Wettkampf wird in Gang gesetzt. Ich habe Schwarz und drücke die Uhr. Um etwa 15:20 wird an allen Brettern gespielt. An allen außer meinem: Mein Gegner ist noch nicht erschienen.
15:10 bis 16:00 Uhr
Ich verbringe 50 entspannte Minuten damit, zu rauchen und die laufenden Partien zu verfolgen. So kann ich immerhin meine Ellbogen schonen.
16:01 Uhr
Mein Gegner trifft 10 Minuten vor kampflosem Verlust ein. Ich reiche ihm die Hand, er überlegt noch etwa 3 Minuten an seinem ersten Zug und spielt schließlich 1.c4.
Einschub: Ab etwa 16:04 enden damit die außerschachlichen Ereignisse im Vorfeld dieser Partie. Im folgenden werde ich auf die Phasen der Partie eingehen. Den geneigten (und auch den – immer noch – geradestehenden) Leser, der meinem kurzen und oberflächlichen Bericht bis hierher gefolgt ist, ersuche ich nun darum, kurz innezuhalten und die bisherigen Vorgänge Revue passieren zu lassen. Dabei möchte ich sein Augenmerk auf die folgenden – zusammenfassenden – Fragen lenken, die er sich in aller Kürze zu Gemüte führen möchte:
a) wieviele Telefonate wurden in der besprochenen Angelegenheit zwischen mir und meinem Mannschaftsführer getätigt?
b) wie kann mein gesundheitlicher Zustand in diesem Moment eingeschätzt werden?
c) wieviel Schlaf hatte ich in den letzten 48 Stunden?
d) was ist seit dem 3. Dezember 1998 um 17:00 Uhr alles schiefgegangen bzw. nicht nach Plan verlaufen?
e) welche Ereignisse seit dieser Zeit können, wenn nicht schon als ungewöhnlich, so doch als unüblich angesehen werden?
16:30 Uhr
Die Partie (englische Eröffnung, 1.c4 g6) nimmt einen für mich angenehmen Verlauf. Mein Gegner beschließt, sich auf den Damenflügel einzuschießen, wo er eine Bauernwalze in Gang gesetzt hat. Ich befasse mich mit dem Königsflügel. Da abzusehen ist, daß die „Attacke“ am Damenflügel nichts einbringen wird, bin ich guter Dinge. Außerdem hat Weiß noch nicht rochiert. Ich plane eine Öffnung des Zentrums.
1.c4 g6 2.Sc3 Lg7 3.Sf3 d6 4.g3 e5 5.Lg2 f5 6.d3 Se7 7.Ld2 Sd7 8.b4 Sf6 9.a4 0-0 10.a5 Tb8 11.b5 h6 |
16:50 Uhr
Die Öffnung des Zentrums ist durchgeführt, der weiße König steht in der Mitte, und Weiß hat nichts am Damenflügel. Noch dazu musste Weiß seinen Springer von f3 nach g1 zurückziehen. Die Partie beginnt, mir Spaß zu machen. Mein Zeitvorteil ist erheblich.
17:30 Uhr
Um den weißen König scharen sich schwarze Springer, nachdem ich einen Bauern für Angriff und Öffnung am Königsflügel geopfert habe. Weiß hat einen vereinzelten Doppelbauern auf der halboffenen f-Linie (das ist sein Mehrbauer…), und ich habe das Läuferpaar. Dafür steht der weiße König jetzt nicht mehr in der Mitte. Ich fühle mich in der Stellung immer noch wohl und denke daran, meinen Entwicklungsvorsprung dazu zu nutzen, den gegnerischen König zu erlegen.
18:00 Uhr
Mit dem Erlegen des Königs geht es nicht so vorwärts. Der weiße Mehrbauer ist zwar noch da, aber bedeutungslos. Da ich denke, immer noch sehr gut zu stehen, fasse ich einen folgenschweren Entschluß: Ich opfere eine Figur! Ich kalkuliere das Opfer sehr lang und genau, wodurch sich mein Zeitverbrauch allmählich dem weißen angleicht.
18:25 Uhr
Meine wohl durchdachte Kombination hat ein Loch im zweiten Zug. Die Stellung ist verloren, aber gleich aufgeben will ich auch nicht.
18:30 Uhr
Weiß hat sehr schlecht fortgesetzt. Ich habe plötzlich gute Kompensation für die Figur: die weißen Steine können sich nicht bewegen. Bloß ein paar Bauern können ziehen, aber wen interessieren die? Ich sehe Zugzwangmotive.
18:35 Uhr
Einer der bedeutungslosen Bauernzüge erweist sich als sehr lästig, weil er meine Dame auf ein ungünstiges Feld bringt. Weiß kann jetzt wieder einige Figuren bewegen und hat einen relativ einfachen Gewinnzug, den er nicht sieht. Die Zeit wird knapp.
18:50 Uhr
Ich investiere meinen restlichen Bedenkzeitvorsprung in die Suche nach Schwindelchancen und sehe diese in der Turmverdopplung auf der f-Linie.
19:00 Uhr
Beide Spieler kommen langsam in Zeitnot. Mein Gegner hat zum wiederholten Mal eine gute Fortsetzung ausgelassen. Ich habe die f-Linie in Besitz und die Stellung ist chaotisch, als mein Gegner einen Qualitätsgewinn sieht.
19:05 Uhr
Beide Spieler sind in hochgradiger Zeitnot. Ich lasse die Qualität sausen, weil ich denke, daß mein Gegner sie nicht nehmen kann und schlage seinen Bauern auf f2 mit vielen Drohungen gegen den König. Mein Gegner nimmt die Qualität.
19.08 Uhr
Wieviele Züge noch bis zur Zeitkontrolle zu spielen sind weiß jetzt keiner mehr. Eigentlich sollten in so einem Fall die Mannschaftsführer mitschreiben, aber die sind selbst in Zeitnot. Blitz as Blitz can. Die Qualität war nicht zu nehmen, weil Weiß dreizügig mattgesetzt wird. Ich sehe das Matt nicht.
[34…Txg3+ 35.Ke1 Tg2-+] 35.Dxh3 Dxh3+ 36.Kxe2 Lxf8 37.Td8 [37.Kf3!?=] 37…Kg7= [37…De6+!? 38.Kd3 Df6] 38.Tf1 Dg2+??+- [38…Dxh2+ 39.Kf3 Ld6 40.Td7+ Kg8 41.Td8+ Kf7] 39.Ke3 [39.Tf2 Dxc6 40.Sh5+ Kg6 41.Tf6+ Dxf6 42.Sxf6+-] 39…Lc5+ 40.Kf4 Ld6+ 41.Kg4??
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19.09 Uhr
Aus dem ganzen Chaos kommt folgendes heraus: Ich Dame + Läufer, Er 2 Türme + Springer bei gleich viel Bauern.
Material gleich, aber ich stehe besser und gebe zwei Läuferschachs, weil man in Zeitnot eben Schach gibt.
19:09:30 Uhr
Die Folgen meiner Schachgebote: der weiße König ist (angeblich! Anm. d. Red.) in Sicherheit und jetzt gibt Weiß Schachs. Ich sehe daß er einzügig mattsetzen kann und spiele einfach schnell, vielleicht sieht er es nicht.
19:09:45 Uhr
Weiß hat das einzügige Matt nicht gesehen. Ich wittere neue Hoffnung und mache einen erzwungenen Königszug. Dann fällt meine Klappe, die Uhr wird angehalten und wir rekonstruieren.
19:20 Uhr
Die Rekonstruktion ergibt, daß 47 Züge gespielt wurden, die Partie geht weiter. Die Uhr wird wieder in Gang gesetzt und ich gehe eine rauchen.
19:25 Uhr
Nach meiner Rauchpause dauert die Partie noch zwei Züge. Dass Weiß matt in 1 ausgelassen hat, war egal – matt in 4 ist zwar nicht ganz so exakt, geht aber zur Not. Ich gebe auf.
19:35 Uhr
Wir analysieren die Partie. Das Erfreulichste an der Analyse ist, dass mir mein Gegner ein Bier spendiert.
19:50 Uhr
Es sind noch zwei Partien im Gang. Inzwischen steht fest, dass wir den Wettkampf wahrscheinlich hoch gewinnen werden. Mein Mannschaftsführer fährt mich und zwei weitere Spieler unserer Mannschaft zur Schnellbahnstation Wien Mitte. Während der Fahrt klage ich über die meiner Meinung nach unglücklichen Verhältnisse und Begebenheiten im Zusammenhang mit meiner Partie und stelle die Möglichkeit in den Raum, dass ich in nächster Zukunft nicht mehr Wiener Landesliga spielen werde. Meinem Mannschaftsführer und den beiden weiteren Spielern unserer Mannschaft gelingt es allerdings während der Fahrt, mich zu überreden weiterzuspielen: „Wir brauchen dich doch!“