POKALSIEG OHNE POKAL

Bavaria gewinnt erstmals bayerischen Viererpokal / 2,5:1,5 Finalsieg gegen Augsburg

Ilmmünster war am vorletzten Juliwochenende der Austragungsort des FINAL FOUR im bayerischen Mannschaftspokalwettbewerb („Viererpokal“). Neben dem Meister der Landesliga Nord, dem SC Schwarz-Weiß Nürnberg Süd, hatten sich auch die beiden starken Regioalligisten, Schachfreunde Augsburg und SV Ilmmünster für dieses Finalwochenende qualifiziert. Der Pokal hat seine eigenen Gesetze, hört man immer wieder. Diese tiefgreifende Erkenntnis hatte auch in diesem Jahr bereits seine Gültigkeit unter Beweis gestellt. Nachdem viele höher eingeschätzte Teams aus Garching, Weilheim, München Südost und Erlangen schon im Achtel- und Viertelfinale das überraschende Pokalaus ereilte, ging unser Team als Favorit auf den Titelgewinn in dieses Finalwochenende. In der Aufstellung mit FM / WIM Jana Schneider am Spitzenbrett, IM Novak Pezelj an Brett 2, Cédric Oberhofer am dritten und Lars Goldbeck am vierten Brett wollten wir die Chance unbedingt nutzen und bei unserer ersten Teilnahme an dieser Endrunde den Titel nach Regensburg holen. Wir hofften dabei, nicht schon im Halbfinale auf den wohl am stärksten einzuschätzenden Konkurrenten aus Augsburg zu treffen. Die Losfee ersparte uns dann dieses brisante Duell bereits in der Vorschlussrunde. Stattdessen trafen wir auf das Team des Aufsteigers in die bayerische Oberliga aus der fränkischen Metropole Nürnberg.
Während wir topbesetzt antraten, verzichteten die Nürnberger auf einen Teil ihrer besten Kräfte. So entwickelte sich rasch ein einseitiges Duell. Jana zerstörte mit einem thematischen Springeropfer auf f2 die gegnerische Rochadestellung und riss die Initiative an sich. Da sie mit einer Punkteteilung unseren Sieg sicherte, verzichtete sie darauf, ihre Vorteile siegbringend zur Geltung zu bringen und akzeptierte das Remis mit einer dreimaligen Zugwiederholung. Einen ähnlichen Partieverlauf konnte man auch an Brett 2 beobachten. Auch IM Novak Pezelj zerstörte mit einem Läuferopfer die gegnerische Rochadestellung und zwang den König seine geschütze Position zu verlassen. Sein Kontrahent war in der Folge mit der komplizierten Stellungsstruktur überfordert, fand nicht die zum Teil einzig für ihn möglichen Züge, die ihm durchaus die Chance gegeben hätten, die Partie vielleicht noch im Gleichgewicht zu halten, verlor entscheidend Material und musste seine Partie verloren geben. Cédric erreichte in einem seltenen Abspiel der Königsindischen Verteidigung rasch Raumvorteil, während sein Kontrahent kaum Platz fand, seine Figuren günstig zu positionieren. Der große Stellungsdruck, der in der Folge auf dem Nürnberger lastete, forderte dann auch seinen Tribut in Form eines Qualitätsverlustes von ihm. Mit diesem Vorteil ausgestattet, nutzte Cédric die unorganisierte Figurenstellung seines Gegners zum finalen Materialgewinn. Nach anfänglichen Schwierigkeiten in der Eröffnungsphase gewann Lars zunehmend die Kontrolle über seine Partie. Nachdem es ihm gelungen war die gegnerische Bauerstruktur entscheidend zu schwächen, gelang ihm in der Folge ein unspektakulärer aber sicherer Partiegewinn.
Mit diesem überzeugenden 3,5:0,5 Sieg hatten wir unser erstes Etappenziel, den Einzug in das Finale, erreicht und uns damit erstmals auch bereits die Qualifikation für die Teilnahme am deutschen Mannschaftspokal 2020 gesichert.
Am Sonntag kam es dann zum finalen Duell gegen die Schachfreunde Augsburg. Ein besonderer Mannschaftskampf für uns, da uns seit einigen Jahren freundschaftliche Bande mit dem schwäbischen Club verbinden und sich viele der zumeist jugendlichen Akteure von den diversen Jugendturnieren der bayerischen und deutschen Schachjugend sehr gut kennen. Im Erwachsenenbereich war dieses Kräftemessen jedoch eine Premiere. Beide, Augsburg, wie auch unser Team waren unabhängig vom Ausgang des Finales, schon für den deutschen Viererpokal qualifiziert. So konnten wir uns ganz auf den Kampf um den Titel des BAYERISCHEN MANNSCHAFTSPOKALSIEGERS konzentrieren.
Wir erwarteten einen harten Fight und sollten mit unserer Einschätzung zu unserem Leidwesen mehr als Recht behalten. Am Spitzenbrett wählte Jana gegen den beschleunigten Drachen von FM Aleksandar Vuckovic den Maroczy-Aufbau. Nach einem frühzeitigen Damentausch verflachte die Partie zusehens und bot keinem der beiden Kontrahenten noch ausichtsreiche Angriffschancen. Somit war die frühzeitige Punkteteilung die logische Konsequenz. Doch nach ca. 2 Stunden Spielzeit bot sich ein für uns unheilvolles Szenario. Bei Novak standen fast noch alle Spielfiguren am Brett, doch es war zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar, wie er sich aus seiner etwas gedrückten Stellung befreien sollte. Cédrics Lücken in seinen Theoriekenntnissen einer sizilianischen Nebenvariante, erlaubtem seinem fast gleichaltrigen Gegner Zarko Vuckovic den Aufbau einer starken Position, in der das Läuferpaar des Augsburgers das Brett dominierte. Und auch Lars hatte nach der Eröffnung mit einem starken Zentrumsbauern seines Gegners Mehran Hamkar zu kämpfen. Beide, Cédric, wie auch Lars, hatten auch kurze Zeit später einen Bauern weniger, Cédric, weil er ihn geopfert hatte, um sich etwas Luft und Stellungskompensation zu verschaffen, Lars hatte ihn wegen diverser Fesselungsmotive verloren geben müssen. Kampfgeist war nun gefragt. Bis zur ersten Zeitkontrolle veränderte sich die Situation kaum. Novak versuchte seinen Gegner zu zermürben und ließ keine Stellungsvereinfachung zu. Diese Strategie sollte sich später für Novak auszahlen. Sein Kontrahent FM Thomas Brückner musste viel Zeit in die Variantenberechnung investieren und geriet zunehmend unter Zeitdruck. Cédric und Lars kämpften derweil verbissen gegen die ihnen drohenden Niederlagen. Nach der ersten Zeitkontrolle dann der erste Lichtblick für uns. Lars hatte es geschafft, den gegnerische Freibauern zu stoppen und hatte wegen taktischer Drohungen gegen die gegnerische Bauernstruktur trotz seines Materialnachteils eine ausgeglichene Stellung erreicht. Mehran suchte zwar bis kurz vor der finalen Zeitkontrolle verzweifelt nach einem für ihn siegbringenden Ausweg. Da dieser aber in der Schlussstellung nicht mehr zu finden war, musste er schließlich zerknirscht in die Punkteteilung einwilligen.
Damit verbesserte sich beim Zwischenstand von 1:1 die Situation schlagartig zu unseren Gunsten. Selbst bei einer Niederlage von Cédric hätte jetzt Novak mit einem eigenen Sieg den Titelgewinn für uns sichern können, da bei einem unentschiedenen Ausgang des Mannschaftskampfes das vorderste Gewinnbrett die Entscheidung bringen würde. Nachdem Cédric mit etwas Glück manche brenzlige Situation überstanden hatte, da Zarko zu diesem Zeitpunkt nicht immer die besten Fortsetzungen fand, gelang es ihm einen eigenen Freibauern zu bilden und damit das weitere Vorrücken von Zarkos Freibauern zu unterbinden. Während Zarko noch nach für ihn gewinnbringenden Auswegen aus dieser Situation suchte, entschied Novak den Mannschaftskampf zu unseren Gunsten. Nach fast fünfstündiger Spielzeit hatte er sich leichte Stellungsvorteile erkämpft und drohte einen Bauern zu gewinnen. In dieser Situation unterlief FM Thomas Brückner ein folgenschwerer Konzentrationsfehler, der ihm eine Figur kostete und ihn nach wenigen weiteren Zügen zur Aufgabe zwang. Damit war der Kampf zu unseren Gunsten entschieden und die Punkteteilung zwischen Cédric und Zarko nur noch Ergebniskosmetik zu unserem 2,5:1,5 Sieg.
Zum ersten Mal dürfen wir uns nun über den Titel des BAYERISCHEN MANNSCHAFTSPOKALSIEGERS freuen. Dementsprechend groß war unsere Freude, über einen Pokalsieg ohne Pokal. Der Bayerische Schachbund und sein für die Ausrichtung des Viererpokals zuständiger Spielleiter boten eine enttäuschende Performance. Zuerst war es dem Spielleiter nicht möglich einen Schiedsrichter für diese bayerische Endrunde zu finden und auch auf die vielleicht auch nur kurzzeitige Anwesenheit eines Vertreters des Bayerischen Schachbundes, vielleicht zur Siegerehrung, wartete man vergeblich. Die fiel dann auch mangels Pokal und genannter Gründe ins Wasser. Ein würdeloses Ende einer vom SV Ilmmünster vorbildlich ausgerichteten Endrunde. Ein großes Danke von unserem Team an die Vertreter des ausrichtenden Vereins, die für die Unzulänglichkeiten von Verbandsvertretern schließlich rein gar nichts können.Aber diese unschönen Begleiterscheinungen konnten unsere große Freude über unseren ersten BAYERISCHEN VIERERPOKALSIEG nicht trüben. Auf geht´s zu neuen Taten im Januar, dann im Deutschen Mannschaftspokalwettbewerb, für den wir nun zum ersten Mal qualifiziert sind.

Weitergehende Infos findet ihr auf der Homepage des BSB unter folgendem Link
http://www.schachbund-bayern.de/index.php?id=20

Peter Oberhofer