Bavaria 2 ist Tabellenführer der Regionalliga

Schach ist Wintersport! Trotz Schnee- und Verkehrschaos in Südbayern konnten nahezu alle Kämpfe der Regionalliga Nord Ost gespielt werden. Zu Gast in Regensburg bei Bavaria 2 war der SK Herzogenaurach 2. 

An Brett 1 bekam Lennart Uphoff das Schottische Vierspringerspiel auf’s Brett. Beide Spieler folgten bis 13.Dd2 der Ursprungspartie dieser Variante zwischen Rego und Silva von der Portugisischen Meisterschaft 2018

Luis Neves Da Silva spielte hier 13. … Dd6 und die Partie endete nach 35 Zügen Remis. Lennart spielte, wie bereits wenige andere Spieler vor ihm 13. … Lg6 14.Df4. Die Neuerung 14. … h6 von Lennart war dann aber schon der letzte Zug vor der Remisvereinbarung beider Spieler. 

An Brett 7 spielte Bazhad Aliko gegen eine Damenbauernspiel. Weiß hatte zunächst eine vorteilhafte Stellung, lange Rochade und offene Linien am Königsflügel, wohingegen Schwarz wohl nicht mehr rochieren würde. Aber dann öffnete der junge Gegner mit 14. exd5 cxd5 die c-Linie für Schwarz. 15. Sb5

mit der Idee Sd6+ sah verlockend aus, aber war, wie Bazhad richtig erkannte, eher schlecht für Weiß. 15. … Lxd3 16.Sd6+ Kf8 17.Dxd3 Db6 und wohin soll Weiß nun den Springer ziehen? Über b5 zurück nach c3 kostet weitere Tempi und Schwarz kann sich einfach angenehm aufbauen. Die Partiefortsetzung war auch nicht besser: 18.Da3 Td8 19.c4 (um b5 für den Springer zu decken?) dxc4 20.Sxc4 öffnet die c-Linie vor dem weißen König vollständig. Nach 20. … Dc6 ist der Springer verloren. 21. Dc3 hilft auch nicht wegen 21. … Tc8 22.Se5 Db5 und weg ist die weiße Dame. 

Somit gingen wir mit 1,5:0,5 in Führung. 

Artur Steinhauer an Brett 2 bekam das Lettische Gambit auf’s Brett. Nach 16. … Sh5? 

hätte Artur mit dem sofortigen 17.Sa5 Dd7 (es drohte die Gabel auf c6) 18.Sc6 Tbe8 (deckt e5) und 19.Ta5 b4 20.Ld2 einen Bauern gewinnen können. Nach der Partiefortsetzung 17.Lf3 Sf6 18.Sa5 Dd7 19.Sc6 Tbe8 musste er sich allerdings erstmal um den ungedeckten Bauern auf h3 kümmern. Die Partie verflachte daraufhin ins Remis. 

Einen Sizilianer mit frühem a6 hatte Naum Aumüller an Brett 4 serviert bekommen. Nachdem die Kontrahenden sehr früh die bekannten Pfade der Theorie verlassen hatten, hatte Naum bereits ein starkes Zentrum und dominierte die Partie. Aber war aus dem Raumvorteil Kapital zu schlagen? Geduldig massierte er die gegnerische Stellung, bis dieser nach 27.Sb1  

die Geduld verlor und mit 27. … g5? versuchte die h-Linie zu öffnen und Angriff auf den weißen König zu bekommen. Aber man muss den g-Bauern ja nicht mit hxg5 schlagen: 28. fxg6 e.p. lässt die h-Linie geschlossen und öffnet vielmehr die f-Linie für Weiß. Ein paar Züge später kam der Durchbruch mit Materialgewinn und der schwarzen Aufgabe zur 3:1 Führung. 

An Brett 6 spielte Pierre Tassell ein seltenes Damenbauernspiel. Nach 12. … Ld6

hätte er am Besten mit 13. e4! fortsetzen sollen. Die Stellung und die e-Linie öffnen sich, was mit dem schwarzen König im Zentrum vorteilhaft für Pierre hätte sein müssen. Stattdessen wählte er 13. De2 mit der Idee nach 13. … g5 (14.e4 wäre immer noch gut gegangen) mit 14.c4? das Zentrum von der Seite her anzugreifen. Schwarz hätte jetzt mit 14. … Sxc4 15. Sxc4 dxc4 16. Dxc4 Sd7 nebst 0-0-0 und Druck auf der h-Linie leichten Vorteil gewinnen können. Der Zug 14. … Sg6 bereitete aber eine Falle vor, in die Pierre mit 15. Sf3? tappte: 15. … Sf4! mit Vorteil für  Schwarz. Rettet sich die Dame z.B. nach 16.Dc2, dann öffnet 16. … Sxh3+ gefährlich die weiße Königsstellung. Daher entschied sich Pierre mit 16.exf4 Dxe2 17.Te1 Dxe1+ 18.Sxe1 gxf4 zum Verlust von Qualität und einem Bauern. Was er auch knapp 30 weitere Züge versuchte, dieser Materialrückstand war entscheidend. 

Beim Stand von 3:2 versäumte es Martin Brüll an Brett 8 in der Paulsen/Taimanow-Variante in dieser Stellung

den positionell besten Zug 18. Dd2! mit Vorteil zu ziehen. Er bringt Stabilität im Zentrum, verbindet die Türme und die Dame schaut entlang der schwarzen Felder nach h6. Dazu muss man aber erkennen, dass 18. … Dxa2? aufgrund von 19.Ta1 Dxb2 20. Tfb1 keinen Bauern gewinnt, sondern die Dame verliert. Stattdessen führte 18.a3 zu schwarzem Gegenspiel am Damenflügel. Mit gewetzten Klingen, einer geopferten Qualität und gegenseitigem Königsangriff gingen die Kontrahenden gnadenlos aufeinander zu und einigten sich nach Zugwiederholung des bedrängten schwarzen Königs auf Remis. Alternativ hätten ein Mattangriff von Schwarz und auch ein unklares Turmendspiel mögliche Szenarien sein können. Wie auch immer, es stand jetzt 3,5:2,5 für uns. 

Wenn die letzten beiden Partien Remis ausgehen würden, wäre der Vorsprung zum Sieg gerettet. 

Reiner Born an Brett 5 spielte die Abtauschvariante der Französischen Verteidigung. Nach einem Generalabtausch auf der d-Linie ging es schließlich in ein eher ausgeglichenes Damenendspiel über. 

Mussten wir uns Sorgen machen, weil Weiß es vielleicht schaffen könnte, aus der Bauernmehrkeit am Damenflügel Kapital zu schlagen? Wenn, dann würde das eine lange zähe Kiste werden. Aber 47. Dc4? war nicht der richtige Weg. Reiner tauschte sofort mit 47. … Dxc4 48.bxc4 die Damen und ließ nach 48. … Kf6 49.Kh3 g5! den weißen König nicht mehr an seine Bauern ran. Das Bauernendspiel spielte sich auch in hochgradiger Zeitnot wie von selbst zum Sieg. 4,5:2,5

Eben schaute Wolfgang Bunk noch sorgenvoll auf Reiners Partie, ob er am Brett 3 zum Sieg verpflichtet sein. Jetzt konnte er seine Partie befreit zuende spielen. In der hochtaktischen Sweschnikow-Variante hatte Wolfgang lange mit dem lästigen weißen Springer auf d5 zu kämpfen. Als das Problem gelöst war ergab sich ein für ihn leicht vorteilhaftes Turmendspiel, in dem er durch kontinuierlichen Druck seine Stellung weiter optimierte.

Hier lag ein Bauerngewinn in der Luft, aber viele Wege führen nach Rom. Die Galerie spekulierte 44. … f4 45.gxf4 Txf4+ nebst Txh4. Wolfgang machten aber die möglichen Seitenschachs vom Turm etwas Sorgen – im Nachhinein wohl unbegründet. Stattdessen wählte er 44. … Te4 45.Ta1 Tee3 46.Ta8 Tf3+ 47.Ke2 Tbe3+ 48.Kd1 d3 nun hätte Weiß tatsächlich mit 49.Td8+ und vielen Schachgeboten lästig werden können. Es drohte aber immer latent Tf1 mit matt. Daher wählte Weiß die Flucht mit 49. Kc1 und Wolfgang den Bauern mit 49. … Txg3. Der Rest war nur noch eine Frage der Technik bis zum Sieg. 

Mit 5,5:2,5 ein deutlicher Sieg. Herzogenaurach liegt jetzt am Tabellenende, Bavaria dafür alleine an der Tabellenspitze. Im nächsten Kampf im Januar geht’s zum Drittplatzierten nach Fürth.