Schach vor 8 und eine Buchbesprechung

Beim Blick auf die laufenden Fernschachpartien der Bavaria – dazu Stephan Schmahl ausführlicher auf unserer Homepage – blieb ich an einer interessanten Stellung kleben. Das altehrwürdige Budapester Gambit. Was ist das? Ein für mich neuer Plan mit e3 und f4!?

 

Das Budapester Gambit nach 2. … e5

Nach den Zügen 1.d4 Sf6 2.c4 e5 haben wir das Budapester Gambit. Nehmen ist Pflicht, sagen die Romantiker. Also 3.dxe5 Sg4  4.Lf4/Sf3 und so weiter. Schwarz bekommt jedenfalls seinen Bauern zurück. Versucht er jedoch, den Bauern zu halten, muss er sich allerdings auf eine scharfe Partie einstellen.

Kaum zu glauben, mit was ich mich die Jahre über beschäftigt habe. Da gab es dieses blaue Bändchen, erschienen in den 90er Jahren im Sportverlag, Mazukewitsch „Angreifen mit dem Budapester Gambit“. Dann ein uralter grüner Band von Otto Borik. Er verwies auf den Aljechin-Zug 4.e4! Sxe5 5.f4 Das muß man mögen, denn das Problemfeld d4 ist nicht zu stopfen.

Irgendwann legte ich mir eine CD von Andrew Martin zum Budapester zu. Ich glaubte tatsächlich, dass ich damit ein für alle Male das Thema erledigen könnte. Aber denkste. Dann Timothy Taylor, The Budapest  und schließlich Boris Awruch mit seinem Monumentalwerk. Die Autoren werfen immer neue Fragen auf. Immer mehr Variantenbäume, immer mehr vergessene Abspiele tun dann ihr Übriges dazu. Der Turmbau zu Babel ist demgegenüber wohl  ein Kinderspiel gewesen. In allen diesen Büchern und CDs findet sich nichts zur Idee mit d3+f4. Dann kommt noch dazu, daß in der besagten Fernschachpartie momentan einfach nichts weiter geht. Was tun?

Ich beginne selbst zu recherchieren und finde den angeberisch klingenden Titel „Gambit Killer“ von Ivan Salgado Lopez.  Aber  was für ein klasse Buch! Übrigens mit einem netten Cover. Seine Ausführungen baut er folgendermaßen auf: 1. Einführung 2. Klassiker 3. Eine Seite Theorie  – wie können wir wissen, was zu tun ist, wenn wir gar nicht wissen, wohin die Reise geht. Aha, das ist ja allerhand. Da kann ich nur sagen, genau so geht es mir doch allzu oft. 4. Die Theorie 5. Verstehen! 6. Vollständige Partien allerdings mit Test.

Ich finde Aljechin, Capablanca neben Kasparow. Das passt mir alles in allem wunderbar in die bereits erwähnte „Entwicklung des Schachs“, die Willy Hendriks so beindruckend in seinem neuesten Buch dargestellt hat.

Kurz und gut: Ich finde so müssen Eröffnungsbücher allenthalben gemacht werden. Das taugt mir allemal.

Wer gerne mehr wissen und erfahren möchte, den lade ich ein, meinen Vortrag in unserer Reihe „Schach vor 8“ zu besuchen.

Ein konkreter Termin ist wegen Corona derzeit leider noch nicht bekannt. Ich freue mich auf Euch. Bis bald und bleibt gesund.


Anhang

Hauptvarianten

  • 4. Lc1–f4 Sb8–c6 5. Sg1–f3 Lf8–b4+ 6. Sb1–d2 Dd8–e7 7. e2–e3 (Karpow)
  • 4. e2–e4 (Aljechin)
  • 4. Lc1–f4 Sb8–c6 5. Sg1–f3 Lf8–b4+ 6. Sb1–c3 Dd8–e7 7. Dd1–d5 (versucht den Bauern zu behaupten)
  • 4. Sg1–f3 Lf8–c5 5. e2–e3 Sb8–c6 Die Absicherung des Lc5 nach 6. a3 a5 ermöglicht ein späteres Manöver des schwarzen Damenturms über a6
  •  Mit 2. Sg1–f3 (und später c2–c4) kann Weiß das Budapester Gambit zwar vermeiden, legt aber damit andererseits seinen Königsspringer auf das Entwicklungsfeld f3 fest.

Geschichte

Erstmals wandte Géza Maróczy das Budapester Gambit in einer Meisterpartie 1898 an: In Budapest gewann er gegen Adler mit Schwarz im 19. Zug.

Als Geburtsstunde dieser Eröffnung gilt das Turnier in Budapest 1916, als Gyula Breyer gegen Johannes Esser gewann.

In der Folge wandten selbst die seinerzeit stärksten Spieler, etwa Milan Vidmar, Jacques Mieses, Carl Schlechter, Richard Réti, Max Euwe, Savielly Tartakower und Alexander Aljechin, das Gambit erfolgreich an.

Das Fajarowicz-Gambit (3. … Se4) fand erst nach der Partie Herman SteinerSammi Fajarowicz (Wiesbaden 1928) Beachtung.

 

Literatur

  • Otto Borik: Budapester Gambit. 1988.
  • Anatoli Mazukewitsch: Angreifen mit Budapester-Gambit. Sport-Verlag 1993
  • Timothy Taylor: The Budapest Gambit. Everyman 2007
  • Wiktor Moskalenko: The Fabulous Budapest Gambit. New In Chess, 2007
  • Andrew Martin: The Budapest Gambit. ChessBase 2007
  • NEU Simon Williams: The Exciting Budapest Gambit. ChessBase 2020
  • Boris Awruch: 1.d4, Band 2, Quality Chess 2010, 2019
  • Ivan Salgado Lopez: Gambit Killer. Thinkers Publishing 2018
  • Willy Hendriks: On The Origin Of Good Moves. New in Chess 2020