Am vierten Spieltag (01.12.24) der Bezirksliga Süd trafen wir auf die Mannschaft von Dietfurt.
Kurz vor Halbzeit der Saison fanden wir uns mit der ziemlich neu formierten Mannschaft, eine Mischung aus Nachwuchsspielern und Routiniers, zu meiner Überraschung auf dem vorletzten Tabellenplatz wieder. Rein von der Papierform her hatte ich uns eigentlich eher im oberen Tabellenbereich gesehen, nicht zuletzt wegen der Stärke auf den hinteren Brettern im Vergleich zu unseren Gegnern und unserem Top-Neuzugang an Brett 1, Alois Achhammer.
Die Ausgangslage war also klar, nur mit einem Sieg konnten wir uns etwas Luft verschaffen. Bei einem DWZ Vorteil im Schnitt von 200 Punkten für uns sollte dies aber machbar sein. Ein Erfolg war gegen Dietfurt auch umso nötiger, da wir uns bei einer Niederlage gegen den Tabellennachbarn auf dem letzten Platz wiedergefunden hätten .
Brett 1: Stefan Egert – Alois Achhammer 0-1
Zu unsere Überraschung hatten die Dietfurter an Brett 1 S. Egert ( ihre klare Nummer 1 mit einer DWZ von 1935 ) reaktiviert, der 2014 seine letzte offizielle Turnierpartie gespielt hatte. In der Partie gegen A. Achhammer wählte der Dietfurter gegen die Französische Verteidigung einen sehr seltenen Fianchettoaufbau. Statt nach der Eröffnung im Zentrum die Initiative zu ergreifen rückte er seine Königsflügelbauern vor um an diesem eine Angriffsstellung zu erlangen. Alois gelang es, dieses Unterfangen jedoch geschickt zu unterbinden und selbst etwas Druck aufzubauen. Nachdem in der Folge bis auf 2 Leichtfiguren und jeweils 6 Bauern einiges an Material vom Brett genommen war schien die Partie den Remis -Hafen anzusteuern.
Hier griff aber der Dietfurter daneben. Statt mit 34. Lf3 setzte er hier mit b3 fort , was c3 schwächt. Denn nach 34. …Kg5 scheitert 35. Lf3 nun an 35. …Se4
2 Züge später stand es dann auch 0-1.
Brett 2: Thomas Jobst – Patrick Stöckl 1-0
Auch hier kam bereits nach wenigen Zügen ein seltenes Abspiel in der Mikenas Variante der Englischen Eröffnung aufs Brett. Als der Dietfurter im Mittelspiel seine Figuren jedoch etwas unkoordiniert platzierte kam Thomas nach 18. Sb5 Dc6 bereits entscheidend in Vorteil. Richtig wäre hier statt 18. …Dc6 De5 ( mit immer noch Vorteil für Weiß) gewesen.
Scheinbar ist die Stellung auf den ersten Blick recht harmlos, Weiß hat den schwachen Bauer auf c4, der Läufer auf e2 ist stark eingeschränkt und muß c4 decken, die offene d- Linie ist beiderseits kontrolliert und die schwarze Turmaufstellung ist etwas besser als die weiße. Weiß hat 2 vereinzelte Bauern, Schwarz einen rückständigen auf b7. Tatsächlich aber steht Schwarz hier schon auf Verlust, und das nicht wegen eines taktischen Schlages sondern nur auf Grund der unharmonischen Figurenstellung des Schwarzen, seine Figuren stehen sich gegenseitig auf den Füßen.
19. e5 ergab bereits eine Gewinnstellung, die weißen Figuren werden nun Zug um Zug aktiver und den schwarzen Figuren gehen die Felder aus. Als Konsequenz davon verliert der Dietfurter nun entweder die Qualität oder eine Leichtfigur. Es folgte 19. … Txd1 20. Txd1 Sd7 21. f4 b6 22. Lf3 Dc8 23. Sd6
Schwarz versuchte zwar noch Gegenspiel mit seiner Bauermajorität am Damenflügel und einem daraus resultierenden Freibauern zu erlangen, das Thomas aber parierte und dann seinen Materialvorteil zum vollen Punkt verwertete.
Brett 3: Stefan Sippl – Lucas Schmechtig 0-1
Hier kam ein geschlossener Sizilianer aufs Brett. Nachdem sein Gegner nach der Eröffnung etwas zu optimistisch einen Bauernsturm am Königsflügel startete konnte Lucas im Mittelspiel bereits einen leichten Vorteil aufgrund seiner Zentrumsdominanz verbuchen. Dieser verflüchtigte sich zwar im weiteren Verlauf wieder bis sich sein Gegner eine weitere Ungenauigkeit im Endspiel leistete. Dies ermöglichte ihm wieder etwas Druck auszuüben und führte anschließend auch zum entscheidenden Fehlgriff des Dietfurters. Weiß hatte im letzten Zug den schwarzen Springer auf f3 mit 26.Txf3 geschlagen und befand sich nach Te8 in einer unangenehmen Fesselstellung wieder.
27. Lxc5 war hier schon der Verlustzug, da Schwarz einfach Lxf3 spielt. Richtig wäre 27. Se4! gewesen und Weiß verliert nicht die Qualität. Schwarz hätte dann zwar immer noch die aktivere Stellung aber diesen leichten Vorteil in einen Sieg umzumünzen wäre aufgrund der ungleichfarbigen Läufer schwierig geworden. Nach dem Fehler von Weiß allerdings war diese Partie nach dem Qualitätsgewinn 4 Züge später dann auch schon mit einem Sieg des Bavarianers beendet.
Brett 4: Dr. Ulrich Miethaner – Josef Stöckl 1-0
Hier stand das von Ulrich gern gespielte Mittelgambit mit der von der Lasa Variante zur Diskussion. Bereits nach wenigen Zügen hatte sich eine taktisch hochkomplizierte Stellung entwickelt und prompt griff der Dietfurter im 7. Zug mit f5 ( was hier auch noch nie gespielt wurde, richtig ist hier Le6 ) fehl.
Schwarz steht nun bereits auf Verlust. Nach 8. Sxd5 kann Schwarz nicht alle Probleme ( schwacher Punkt c7 nach Lf4, unrochierter König , Schwäche auf der Diagonale a2- g8 und den weißen Feldern ) unter Kontrolle bringen . Folgerichtig musste Schwarz dann auch bereits im 15. Zug die Waffen strecken. Hier die Schlusssequenz.
14. Dh6+ Dg7 15. Sge6 + und Aufgabe.
Brett 5: Karlheinz Egert – Udo Schaefer 0-1
Hier wählte Udo nach dem Doppelschritt des d- Bauern die tschechische Variante der Benoni Verteidigung. Nachdem Weiß in der Eröffnung nach einem Scheinopfer von Udo die falsche Abwicklung wählte konnte Schwarz nun die Initiative ergreifen und für Benoni untypisch nun ein Druckspiel am Königsflügel aufziehen und nebenbei auch noch einen Bauern gewinnen. Der minimale Materialvorteil ( ein Randdoppelbauer ) fiel dabei weniger ins Gewicht als die nun gesteigerte Aktivität der schwarzen Figuren. Schritt für Schritt baute Schwarz nun den Vorteil aus und der Zusammenbruch der weißen Stellung war unvermeidlich.
Nach 34. …Tgf7 ist Weiß schon hoffnungslos verloren. Er spielte hier noch 35. Tf1 und musste nach e4 36.Tee1 exf3+ die Niederlage akzeptieren.
Brett 6: Hans Peutler – Sippl Wendelin 0-1
Hans spielte wie immer die englische Eröffnung und man landete in der Symetrievariante nach ein paar Zügen in einer Mischung aus Fianchetto – und Botwinniksystem. Weiß gelang es im Laufe der Partie ein für das Botwinniksystem typisches Angriffsszenario mit Stellungsvorteil zu schaffen, leider agierte er etwas passiv, was nun wieder zum Ausgleich der Stellung führte und als er dann den vorher richtigen Angriffsplan in die Tat umsetzte war Schwarz nun für den Gegenschlag im Zentrum gerüstet.
30. … d5 und Weiß hätte nun mit hxg5 antworten sollen, das gewählte 31. cxd5 jedoch lässt nun den Läufer auf b7 nach 31. … cxd5 sehr aktiv werden. Zu allem Überfluss übersah Hans dann noch im nächsten Zug eine Bauerngabel, die das Spiel nun endgültig für Schwarz entschied.
Brett 7: Angeliki Gleixner-Egert – Lorenz Kick 0-1
Hier kam nach einigen Zügen in der Caro – Kann Verteidigung die Tartakower Variante aufs Brett. Im neunten Zug wählten dann beide jeweils eine seltene Fortsetzung und man befand sich somit praktisch in einer Nebenvariante der Theorie. Die Entwicklungsmuster blieben aber trotz der langen weißen Rochade ( eine durchaus bekannte Möglichkeit für den weißen Aufbau ) dem normalen Vorgehen in dieser Struktur ähnlich. Ein etwas unbedachter Randbauernzug von Weiß am Damenflügel schuf aber schon eine erste Angriffsmarke für Lorenz, was kurz darauf auch schon eine klar bessere Stellung mit Mehrbauern für ihn ergab.
Hier nun spielte Lorenz 19. …Tc8, was den schwarzen Vorteil komplett verschenkte und zur ausgeglichenen Stellung nach 20. c4 geführt hätte. Schwarz hätte nach dem richtigen 20. …a4! zwar Material weniger aber als Kompensation starken Angriff. Die Engine gibt hier ein klares 0.00. Nach Läuferrückzügen ( Le6 oder Lf3 ) steht Weiß sogar überraschenderweise besser.
Stattdessen aber zog Weiß das schreckliche 20. Db7 und nun steht Schwarz nach 20. …Sd7 völlig auf Gewinn. Im nächsten Zug kehrte die Dame reuevoll zurück nach b2. Da war es aber schon zu spät, die nächsten Züge von Schwarz spielten sich wie von selbst und 8 Züge später war auch hier der volle Punkt für uns eingefahren.
27. … Sc4 28. Ke2 Txc2 und Weiß gab auf.
Brett 8: Günther Gegg – Theresa Pleiner 1-0
In der Marshall Verteidigung des abgelehnten Damengambit kam Günther , der kurzfristig für einen ausgefallenen Spieler einsprang , schon früh gegen seine unerfahrene junge Gegnerin zu einem Bauerngewinn. Im 11ten Zug stellte diese auch noch einzügig die Dame ein und der Rest war dann auch problemlos vom Bavarianer nach nicht mal einer Stunde Spielzeit zum Partiegewinn umgemünzt worden.
Hier die Schlussstellung nach 28. Da8 Matt
Resümee und Ausblick
Ein rundum überzeugender Auftritt unserer Mannschaft, die diesmal ihr vorhandenes Potential auch aufs Brett brachte und bis auf einen Aussetzer ihre Partien ohne große Wackler sauber zum überzeugenden 7-1 Sieg führten.
Sollten wir in Zukunft von gehäuften Spielerausfällen und Abstellungen an andere Mannschaften relativ verschont bleiben sollten wir aufgrund unserer durchwegs von Brett 1 bis 8 gut besetzten Mannschaft den Anschluß ans obere Tabellendrittel schaffen können. Mitte Januar spielen wir dann gegen den derzeitigen Tabellenzweiten Tegernheim, eine schwere aber durchaus lösbare Aufgabe. Wenn wir ebenso konzentriert zu Werke gehen wie gegen Dietfurt sehe ich uns nicht als Außenseiter.