2. Bundesliga Ost – Sensationssieg gegen den amtierenden Meister Erfurt folgt Pleite gegen Aufsteiger Nürnberg

Nach dem Auftakterfolg Mitte Oktober gegen Passau reiste unser Schachteam am vergangenen Wochenende zum ersten Doppelspieltag in der 2. Bundesliga Ost nach Nürnberg. Dort warteten mit dem amtierenden Meister aus der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt und dem Aufsteiger Noris Tarrasch Nürnberg zwei unterschiedlich stark einzuschätzende Teams auf uns. Die Zielsetzung war dabei klar. Während wir unsere Chancen gegen das Meisterteam aus Erfurt eher als gering ansahen, sollte zumindest gegen die Nürnberger ein Sieg gelingen. Mindestens zwei Punkte wollten wir unbedingt aus Nürnberg mitnehmen. Doch dann durchlebte unser Team in den zwei Tagen ein Wechselbad der Gefühle. Dem sensationellen Sieg gegen die erfahrene Meistermannschaft aus Erfurt folgte tags darauf eine ernüchternde, weil selbstverschuldete Pleite gegen Nürnberg.

Unser Team in Nürnberg von links IM  Forián Káczur, IM Georg Kilgus, WGM Jana Schneider, FM Cédric Oberhofer, Uwe Kleibel, GM Jiri Stocek, FM Lars Goldbeck, IM Novak Pezelj ( Foto von Peter Oberhofer)

Erfurt – Bavaria Regensburg 3,5:4,5

Erst im Juli standen sich unsere beiden Teams zum Abschluss der letzten Saison gegenüber, damals mit dem besseren Ende für Erfurt, die mit dem deutlichen Sieg den Meistertitel feiern konnten. Da wir damals einige Partien sehr unglücklich verloren, hatten einige noch eine Rechnung mit den Erfurtern offen. An sechs der acht Brettern saßen sich dann auch tatsächlich wieder die gleichen Kontrahenten gegenüber. Aber trotz hoher Motivation rechneten wir uns nicht mehr als Außenseiterchancen aus. Die Erfurter konnten schließlich neben ihren vier Großmeistern auch drei Internationale Meister und einen Fidemeister aufbieten. An sieben der acht Bretter sprachen zudem die zum Teil deutlich besseren ELO-Zahlen für die Thüringer.

Etwas überraschend einigten sich Uwe Kleibel (2238) und IM Thomas Casper (2348) ziemlich bald auf eine Punkteteilung. Nach der Eröffnung war die Partie rasch verflacht und bot keinem von beiden Spielern noch die Möglichkeit, den Sieg anzustreben, ohne ein unkalkulierbares Risko einzugehen, Es war schon etwas überraschend, dass IM Casper seine zu erwartenden Vorteile nicht zumindest versuchte auszuspielen. Uns konnte dies nur recht sein. Doch dann schien alles wieder für Erfurt zu laufen. Ausgerechnet dem serbischen IM Novak Pezelj (2492), seit 2018 im Team von Bavaria ein Punktegarant, unterlief ein folgenschwerer Fehler. Der starke Nachwuchsspieler FM Moritz Weishäutel (2411) nutzte die sich ihm bietende Möglichkeit eines Damenopfers und brachte Novak in seinem 19. Match für Bavaria seine erste Niederlage bei. Damit hatten wir das einzige Brett verloren, an dem wir nominelle Vorteile  verbuchen konnten. Doch postwendend gelang unserem Team der Ausgleich. IM Georg Kilgus (2392) brachte mit einem konsequenten Angriff zwei verbundene Freibauern weit nach vorne und nahm dem Erfurter GM Peter Enders (2418) die Luft zum Atmen. Als auch ein letzter Versuch, sich aus der Umklammerung zu befreien, von Georg gekontert wurde, blieb GM Enders nur noch die Aufgabe. Doch das sollte nicht der einzige Großmeisterskalp bleiben, den unser Team an diesem Tag erbeuten konnte.

Die deutsche Spitzenspielerin Frauen Großmeisterin Jana Schneider (2284) hatte nach der Eröffnung mutig das Remisangebot ihres Kontrahenten GM Petr Haba (2451) abgelehnt. In einem komplizierten Turmendspiel bewies Jana dann den besseren Durchblick und zwang den sich bis zuletzt heftig wehrenden tschechischen GM zur Aufgabe. Damit hatten die Bavarianer das Match gedreht und die Führung erobert.

Am Spitzenbrett kam es zum Großmeisterduell zwischen GM Jiri Stocek (2555) und GM Evgeny Romanov (2597). In einem von beiden Seiten sehr ambitionierten Schlagabtausch versuchte jeder der Beiden, die Initiative an sich zu reißen. Doch keiner konnte sich entscheidende Vorteile sichern. In der entstandenen unklaren Stellung vermieden dann beide das Risiko und so endete eine sehr interessante Partie mit einer Punkteteilung durch dreimalige Stellungswiederholung.

Und auch der vierte Großmeister in Reihen der Erfurter sollte an diesem Tag ohne Sieg bleiben. Im ungarischen Duell hatte der  junge IM Flórián Káczur (2473) seinen Landsmann GM Oliver Mihok (2546) am Rande einer Niederlage. Mit großer Entschlossenheit wehrte sich Flórián gegen dessen Angriffe und erreichte gegen den mit ihm befreundeten GM ein Turmendspiel mit einem Mehrbauern. Nun war es der Großmeister, der sich zäh gegen die ihm drohende Niederlage stemmte und letztendlich ein Remis erreichte.

Auch FM Lars Goldbeck (2262) hatte in einer sehr ruhigen Eröffnungsvariante keine Probleme, die Partie gegen den stärker einzuschätzenden IM Matthias Müller (2384) in jeder Phase im Gleichgewicht zu halten und ein sicheres Remis zum Erfolg unseres Teams beizusteuern. FM Cédric Oberhofer (2274) war es dann beim Zwischenstand von 4:3 vorbehalten , den Sieg für Bavaria zu sichern. Er verzichtete trotz Materialvorteils seine besser stehende Partie weiterzuspielen und akzeptierte das Remisangebot von IM Bernd Vökler (2339).

Doch uns blieb nicht viel Zeit, uns über diesen außergewöhnlichen Erfolg gegen eine ausschließlich mit renommierten internationalen Titelträgern besetzte Mannschaft zu freuen.

Bavaria Regensburg – Noris Tarrasch Nürnberg 2,5:5,5

Denn der Freude über den Erfolg gegen Erfurt folgte tags darauf die Ernüchterung. Als klarer Favorit musste unser Team im Duell mit dem Aufsteiger aus Nürnberg eine sehr bittere, weil selbstverschuldete, Niederlage einstecken.

IM Flórián Káczur konnte seine klare Gewinnstellung nicht zum Sieg nutzen und war nach einem groben Schnitzer gezwungen die Partie aufzugeben. Auch WGM Jana Schneider konnte ihre Stellungsvorteile nicht für sich verwerten. Nach einem fehlerhaften Abtausch geriet sie in die Defensive, was ihr Konkurrent konsequent und zielstrebig nutzte. Doch damit nicht genug. Auch FM Cédric Oberhofer verpatzte mit einem groben Schnitzer seine leicht vorteilhafte Position und zumindest ein sicher geglaubtes Remis. Trotz heftiger Gegenwehr konnte er seine Niederlage nicht mehr abwenden. Auch bei FM Lars Goldbeck war an diesem Tag der Fehlerteufel zu Besuch. Nach einem einfachen Bauerneinsteller musste er im Endspiel ums Remis kämpfen. Zumindest dies gelang ihm dann sehr souverän. Auch GM Jiri Stocek konnte seinen vehement vorgetragenen Angriff gegen die Rochadestellung seines sich zäh verteidigenden Gegners, GM Leonid Milov, nicht zum Erfolg führen. Auch IM Georg Kilgus, tags zuvor noch siegreich gegen einen Großmeister, akzeptierte das Remisangebot seines Gegners. Groß war sein Frust, als er in der Analyse nach der Partie eine gewinnbringende Variante entdeckte, die ihm während der Partie verborgen geblieben war. Auch bei Uwe Kleibel lief an diesem Tag nichts. Seinen leichten Materialvorteil, er hatte zwei seiner Leichtfiguren für einen Turm und zwei Bauern eingetauscht, konnte er nicht zur Geltung bringen, da sein Kontrahent das Geschehen am Schachbrett mit seinem dominierenden Läuferpaar bestimmte. Nach über sechs Stunden Spielzeit und fast 100 Zügen musste er trotz heftigster Gegenwehr seine Niederlage akzeptieren.

Der einzige, dem es an diesem Tag gelang, seine Vorteile klar zum Sieg zu verwerten, war IM Novak Pezelj, der ob seines Patzers vom Vortag mit einer gehörigen Wut im Bauch am Brett agierte und seinem Gegner keine Chance ließ.

Statt des sich nach ungefähr drei Stunden abzeichnenden deutlichen Sieges musste unser Team damit eine deutliche Niederlage wegstecken. Schade, da nach dem sensationellen Sieg gegen Erfurt mit einem weiteren Erfolg gegen Nürnberg der angestrebte Klassenerhalt schon in greifbarer Nähe gewesen wäre. Doch unser noch sehr jungse Team von Bavaria wird sicher gestärkt aus dieser Niederlage hervorgehen und die notwendigen Lehren daraus ziehen, ehe es im Februar mit dem nächsten Doppelspieltag weiter gehrt. Dann wartet mit dem Bundesligaabsteiger und aktuellen Tabellenführer, dem Augsburger SK Göggingen, der nächste große Prüfstein.

Weitergehende Infos und in Kürze auch die Partien findet ihr wie immer im Ergebnisdienst des Deutschen Schachbundes unter folgendem Link:

https://ergebnisdienst.schachbund.de/bedh.php?liga=2blo