Zweite lässt in Unterzahl einige Chancen gegen den Tabellenführer liegen

Mensch, wenn’s nicht läuft, dann läuft’s nicht. In dieser Saison haben wir schon einiges liegen lassen. Mit dem, was auf dem Brett war, hätten wir vorne in der Liga mitspielen müssen. Also wollten wir es diesen Sonntag gegen den Tabellenführer Windischeschenbach, Absteiger aus der Regionalliga, wissen. Gut motiviert fuhren wir zu den Treffpunkten, auch den frühen Start um 9 Uhr im weit entfernten Norden hatten alle mitbekommen. Die Sonne schickte gerade ihre ersten Vorboten über’n Horizont, da erreichte uns die erste üble Nachricht: Die Deutsche Bahn verhinderte, dass Werner rechtzeitig im Rahmen der Karenzzeit von nur 30 Minuten ankommen würde. Also mussten fünf Spieler kurzfristig ein Brett hochrutschen und damit einen Farbwechsel akzeptieren. Sind all diese Sonderregeln in der Oberpfälzer Turnierordnung wirklich sportlich sinnvoll?Die Rumpfmannschaft hätte jetzt eigentlich den Kopf in den Sand stecken können. Aber alle sieben spielten mutig auf und erreichten gute Stellungen. Nach der ersten Stunde sah es sehr gut aus, 4 Brettpunkte oder vielleicht sogar mehr sollten wir trotz Rückstand erreichen können.

Das erste Ergebnis kam bei Wolfgang Bunk an Brett 2. Wolfgang nutzt in der Regel 99,9% seiner Zeit voll aus, ganz anders sein Gegner Jindrich Novák. Dieser wollte sich die nicht genutzte Zeit anscheinend am Ende auszahlen lassen und spielte tatsächlich mit einem Schnitt von unter 30 Sekunden pro Zug. Nach der ersten Zeitkontrolle hatte er damit über 2 Stunden Restzeit auf der Uhr, was ich bisher nur in Spielen von jungen Anfängern erlebt habe. Schachlich hatte es Wolfgang leider bei weitem nicht mit einem Anfänger zu tun. Das Turmendspiel hätte evtl. ausgeglichen sein können, Wolfgangs Versuche, mehr herauszuholen scheiterten und führten zum Verlust seiner Partie.

An Brett 6 spielte Elias Brüll eine sehr schöne Partie gegen den Gran Prix Angriff von Rudolf Schön. Seine schwarzen Figuren standen deutlich besser, Weiß konnte seine typischen Angriffspläne nicht umsetzen. In der Stellung

hätte Elias mit 28. … Ta8 die a-Linie erobern können. Weiß muss sowohl auf die Diagonale in Richtung g2 als auch auf die Wackelkandidaten f4 und Lh4 aufpassen. Leider war Elias aber in hochgradiger Zeitnot (dem Farbwechsel geschuldet?), verpasste diese Fortsetzung und verlor kurz darauf auf Zeit.

Thomas Jobst an Brett 7 hätte in folgender Stellung

mit 29.Tc5 den Bauern auf a5 gewinnen können. In Sorge um mögliche Grundreiheprobleme nach Lh3, die aber abdeckbar gewesen wären, verzichtete er darauf und nahm ein paar Züge später das Remisangebot von Alfred Blöderl an.

In einem Spanier spielte sich Martin Brüll an Brett 5 gegen Jürgen Zant folgende Gewinnstellung heraus.

Die korrekte Fortsetzung wäre mit 21.Lxe5 der Bauerngewinn gewesen, da Lxc5 an 22.Sxc5 Txc5 23.Lxg7! Kxg7? 24.Dd4+ nebst Dxc5 scheitert. Leider fand er Lxg7 nicht am Brett und entschied sich für 21.Sd6?. Dieser Zug sieht zunächst nach dem Gewinn des Bauern auf e5 aus, da Txc5 natürlich wegen Sb7 nicht funktioniert und Tc7 mit Lxe5 sowie Tc6 mit Sxe5 beantwortet werden sollte. Leider übersah Martin dabei aber die Partiefortsetzung 21. … Lxd6 22.cxd6 f6! (und eben nicht sofort Dxd6). Letztlich führte dieser Bauernverlust dann zum Verlust der Partie.

Damit hatte Windischeschenbach den Sieg bereits in der Tasche, auch wenn wir an den anderen Brettern noch erfolgreich weiterkämpften.

An Brett 3 erspielte sich Reiner Born gegen Tobias Brunner mit großem Raumvorteil eine sehr vorteilhafte Stellung.

Vielleicht wäre hier 19.b5 eine gute Fortsetzung gewesen, aber leider übersah Reiner die Konterchancen nach 19.Se5 Lxe5 20.dxe5 Dh4 21.De2 Dxh3 und damit einen Bauernverlust. Aber am Ende spielte der Bauer auf h3 für die Dominanz am Damenflügel keine Rolle, da Schwarz den Turm von g6 einfach nicht mit in die Verteidigung einbinden kann. Und so erreichte Reiner tatsächlich die folgende Gewinnstellung

die Tobias ein paar Züge später schließlich aufgab.

An Brett 4 spielte Ian Ott  gegen Miroslav Kalous eine solide, immer dynamisch ausgeglichene Partie. Das finale Turmendspiel fällt in die Kategorie vom Vlastimil Hort: „Turrrmendspielä sind immer Rrrrrämie!“ – trotz verbleibendem Mehrbauern bei Ian.

Die Partie am Spitzenbrett gegen Christian Müller hatte Pierre Tassell mutig auf Angriff angelegt. Noch bevor er selber kurz rochierte schaffte er die Öffnung der c-Linie gegen die lange Rochadestellung von Schwarz. Dann opferte er einen Bauern für Raum im Zentrum und attakierte die gegnerische Königsstellung. Und dann war auf einmal nach 29.De8

seine Dame gefangen. Ups! Normalerweise gibt man dann auf. Doch 30 Züge später erreichte Pierre die folgende Stellung

in der sein Gegner nach einigen bereits erfolgten Versuchen feststellen musste, dass eine Dame alleine nicht gewinnen kann und Schwarz aber weder mit Bauern noch mit dem König über die Mittellinie kommt. Wow! Allein dafür ein verdientes Remis für Pierre.

Am Ende mit 5.5:2.5 verloren hätte das Ergebnis auch ganz anders ausfallen können. Es war viel gutes dabei. Und was wäre wohl gewesen, wenn die Bahn für Werner zuverlässig gefahren wäre? Mich freut auf jeden Fall, dass wir diese Saison immer wieder sehr gutes Schach spielen, leider passt die Punkteausbeute noch nicht dazu.