Nach dem Mannschaftserfolg von Bavaria 4 gegen Tegernheim ging es nun für unsere „Dritte“ darum, bei den Selbigen nichts anbrennen zu lassen um den Aufstiegsträumen eine weitere Prise Wahrhaftigkeit verleihen zu können. Die gleichen Voraussetzungen wie für unsere „Vierte“ waren jedoch nicht gegeben, denn Tegernheim hatte sich im Unterschied zum vorangegangenen Spieltag wieder deutlich verstärkt, wodurch ein konzentriertes Vorgehen unseres Teams durchaus notwendig war!
Brett 8 Michael Zechmair (1570) – Martin Rösl (1686)
Mit einer aktuellen Ligaperformance Wertung von beinahe 2300 DWZ war Martins Auftritt gegen Tegernheim fast schon als „standesgemäß“ einzuordnen. In der sizilianischen Godiva Variante (1.e4 c5 2. Sf3 Sc6 3. D4 cxd4 4. Sxd4 Db6) verpasste Michael Zechmair in der Eröffnungsphase die Balance zwischen Entwicklung und Offensivkraft beizubehalten indem er ein Läufermanöver der notwendigen Rochadeentwicklung vorzog. Dadurch litt seine Königssicherheit enorm! Martin zeigte dadurch in weniger als 25 Partiezügen sämtliche Schwächen um den weißen Monarchen, mit denen man als Anziehender bei Ende der Partie auch nicht mehr weiter spielen muss. Intelligent, präzise und „kompromisslos“ agierte er bis zur gegnerischen Aufgabe, mit der schönen Pointe dass der Bavarianer nur selten den besten Zug, aber durchgehend den Richtigen fand – was ein sehr gutes Spielverständnis aufzeigt. 0 : 1
Brett 7 Hans Peutler (1691) – Brunhilde Fischer (1626)
Der umgekehrte Sizilianer (Sizilianisch mit vertauschten Farben) verlief für Hans Peutler ideal. Ein raumgreifendes Zentrum + Läufer, Springer, Dame und Turm Batterie gegen den Königssflügel waren seine Ausgangsressourcen fürs Mittelspiel! Brunhilde Fischer schien sich durch diesen statischen Vorteil unter Druck gesetzt gefühlt zu haben, da sie anschließend mit direktem Abtausch einen für sie günstigen „Damenpin“ auflöste, mit der Idee die Bauernstruktur am Königsflügel zu schwächen und gleichzeitig mit einem Angriff auf diesen starten zu können. Der Haken an diesem Plan lag in der bereits stark fortgeschrittenen Entwicklung der weißen Figuren, welche nach dem Tegernheimer Versuch, mit g5 und Sh5 nachzulegen, eine freie Einladung bekamen, sich um den nun höchst unsicher liegenden König zu scharen und sich eines Mattangriffes bedienen konnten. Konsequent zu Ende gespielt – starker Punkt für Bavaria! 1 : 0
Brett 6 Werner Sippenauer (1657) – Walter Erhard (1779)
Mit solidem 1..e6 beantwortete Walter Erhard die englische Agincourt Verteidigung (System mit c4 g3 Lg2 Sf3 e3 b3), was ihm nach der Eröffnungsphase ein weiträumiges Zentrum mit aktivem Figurenspiel einbrachte. Im 15. Zug hatte er dann die Entscheidung zwischen einem Springervorposten auf e4 oder dem vom Computer „eher fragwürdig“ bewerteten c4 Vorstoß – welcher meiner Ansicht nach die menschlichere und wirkungsvollere Wahl ist! Walter griff zu letzterem und erreichte damit exakt die Springergabel auf 2 Türme, die hier anhand des Drucks auf die Weiße Stellung nach 15. C4 in der Luft lag. Verloren war die Partie bis Dato für Werner Sippenauer noch nicht, aber psychologisch gesehen, musste nun diese nachteilbehaftete Stellung erst einmal mental verarbeitet und dann noch präzise weitergeführt werden um die Remisbreite realistisch zu halten. Trotz anfänglich ordentlicher Fortführung vom Anziehenden entschied er sich dann für eine falsche Tauschabfolge, die eine Niederlage unvermeidlich machte. Auch hier ein stark erspielter Punkt für unser Team. 0 : 1
Brett 5 Dr. Ulrich Miethaner (1778) – Carl-Gustav Haas (1691)
Nach beiderseitigem präzisen Abtasten in der Eröffnungsphase des geschlossenen Sizilianers kam von Tegernheimer Seite ein Aufbruch-Versuch des Damenflügels aufs Brett, der zu aktuellem Entwicklungsstand verfrüht war, denn Uli hatte bereits Angriffsoptionen auf den Königsflügel und zudem seinen König schon in „sicheren Gewässern“ . Man muss Carl-Gustav Haas Respekt zollen, wie er mit der chronischen Königsunsicherheit umgegangen ist – die Flankenaktivität an beiden Brettseiten machten es dem Anziehenden nicht einfach die nötige Sicherheit für einen gewinnbringenden Einbruch in die gegnerische Stellung zu bekommen. Am Ende war es der König selbst, der sich ein Bein stellte, als Haas sich mit diesem darum bemühte den schwachen f7 Bauern zu decken.. Uli wusste sofort was zu tun ist und aktivierte seinen Springer mit der Idee einer „tödlichen“ Gabel auf König und Dame, die nur unter enormen Tempoverlust kurzfristig kompensiert werden konnte! Nach korrektem Damenabtausch unterschätzte (oder übersah) unsere Seite dass ein Zwischenschach mit dem vorher erwähnten Springer nach Abtausch des Läufers zwangsmäßig die Qualität gewinnt. Somit war 3 Züge vor Ende „nur“ ein deutliches Plus zu verzeichnen, welches aber durch einen verhängnisvollen Springerzug in die weiße Hälfte sofort zur Aufgabe bewegte.
Stark gespielt – etwas unglücklich – aber sehr verdient! Punkt für Bavaria. 1 : 0
Brett 4 Wolfgang Gleis (1734) – Erkan Hadzhimustafa (1690)
„Kurios“ war das Stichwort – das mir als erstes in den Sinn kam, als Wolfgang Gleis im Londoner System nach „suboptimalem“ Abtausch-Verhalten des Leichtfigurengemenges mit fragmentierter Bauernstruktur ins Mittelspiel mündete und sich nach durchaus vernünftigen Konsolidierungszügen plötzlich dazu entschied, mit seinem Turm auf h7 zu schlagen! Im Blitz hätte so mancher vielleicht aufgegeben weil auf dem ersten Ressourcencheck hin, Weiß ordentliche Gründe hat, darüber nachzudenken. ABER Erkans Dame konnte von e8 aus leicht auf das Feld g6 um nach Txh7 Kxh7 Sg5+ Kg8 Dh1 drohendes Matt auf h7 zu verhindern. Nachdem der Bavarianer das Königsflügel-Feuer relativiert hatte, ging es mit einem Turm mehr durch schwarzen Zentrumsaufbruch weiter – bis hin zur Aufgabe des Anziehenden.
Für Wolfgang Gleis eine schmerhafte Erfahrung, wie auch für jeden Spieler in jeder Spielstärke.. jedoch auch immer ein Schritt zu mehr Achtsamkeit bei Mattangriffen. 0 : 1
Brett 3 Marie Oberhofer (1806) – Diana Lichtenegger (1733)
Die spanische Eröffnung (Ruy Lopez) birgt im modernen Schach eine gigantische Menge an Theorieinput da man sich auf diesem Terrain Jahrzehnte lang auf Weltklasse Niveau vorbereitet hat. Beide Spielerinnen zeigten das Wissen um ihre Ressourcen und Pläne in einer ordentlichen Anfangsphase. Doch wie so oft bei e4-e5 Eröffnungen – Wenn die eigene Theoriekenntnis endet, wird es sehr schwierig, optimale Fortsetzungen zu finden, da die Folgen oft sehr subtil ins Negative rutschen können. Im 13. Zug ist eigentlich alles für Marie in Ordnung: Bauernkette mit a2,b2,c3,d3,e4 – immer bereit mit d4 vorzurücken + trotz des etwas einengenden schwarzen Bauers auf f4 eine sehr solide Königshälfte mit 2 Springern um den Monarchen. Ein Zug folgt, bei dem ich mir sicher bin, dass Marie sehr schnell wusste, dass das nicht gut sein kann: Weiß schiebt einen Springer auf g4 und bietet den Abtausch für den Läufer an – jedoch schlägt die schwarze Dame wieder zurück, wodurch ein Bauer verloren geht und ein schwarzer Angriff mittels Turmmanöver folgt, der Weiß nur noch hoffen lassen kann, hier ohne zu großen Schaden davonzukommen. Diana Lichtenegger verlor danach die Spur zum Sieg nicht mehr.
Schöner Beginn – und den 13. Zug kann Marie zehnmal besser 😉 0 : 1
Brett 2 Florian Sippenauer (1970) – Christian Jecht (1836)
Christian konnte sich in dieser Partie leistungstechnisch nichts vorwerfen – außer, dass er in einem Turm Endspiel mit einem Minusbauern zu früh aufgab – denn Weiß musste hier noch einiges zeigen um sich in einem gewinnbaren Vorteil wiederzufinden! Das spanische Vier Springer Spiel konnte der Nachziehende stabil bis hin zu einem beträchtlichen Plus abarbeiten – es war letztendlich eine Frage der Geduld und Ausdauer, welches den Unterschied zwischen den beiden Kontrahenten ausmachte. Ein spannendes und Nuancenreiches Spiel, das für Endspieltüftler fast schon eine „Muss“ Partie zum nachanalysieren ist. 1 : 0
Brett 1 Liliane Pavlov (1757) – Daniel Obermaier ( 1994)
Am Spitzenbrett hatte Liliane nach korrektem katalanischem Aufbau eine strategisch angenehme Mittelspielstellung am Brett, da der Tegernheimer nur dezent am Zentrumskampf teilnahm und daher seine Stellung gedrückter war als sie sein hätte können. Darauf startete die Jugendspielerin einen interessanten aber mit einem kleinen Fragezeichen versehenen Versuch, das Zentrum in dieser mittlerweile Königsindisch wirkenden Partie mit d5 zu unterminieren – es verliert zwar einen Bauern, aber die Chance den vereinzelten d6 Bauern zurückzugewinnen + ein aktives Spiel in Gang zu bringen sind nicht wenig. Die Engine weis natürlich um seine Ressourcen und schätzt die Idee (wie immer..) eiskalt mit -0.60 ein..
Schwarz legte nun seinen Plan offen: Daniel Obermeier reagierte NICHT auf den Zentrumsaufriss und nutze es als stützende Achse für eine Flügeldominanz durch vorrückende Springer und Angriffsversuche auf den Königsflügel! Intelligentes Vorhaben – aber mit Vorsicht zu genießen! Denn als er sich dann entschied seinen Läufer über c8 in den Königsangriff mit einzubinden konnte sich Weiß mit seinem fortgeschrittenen d5 Bauern an seinem c6 „Kollegen“ bedienen. Offensichtlich wurde von beiden Seiten dieser „Pawngrab“ als nicht entscheidend gewertet, jedoch ist die Rückgewinnung von Diesem ganz und gar nicht ohne positionelle Folgen für Schwarz! Sein Zentraler „Bauernbunker“ wäre ihm hier zum Nachteil geworden. Liliane verzichtete somit auf das Rausschlagen und kümmerte sich präventiv um Königssicherheit – aber damit spielte sie dem Plan des Nachziehenden in die Hände: Schwarz kann sich nun ohne Gegenspiel auf einen Königsangriff, mittels Aktivieren der Dame + f5 push um die Turmlinie wirksam zu machen, einstellen. Doch so gut wie der Nachziehende seine Sachen plante, so schwer tat er sich hier mit der Umsetzung! Ohne geschlossenes Zentrum mittels e5 spielte er sofort f5, wodurch die Angriffskraft des Weißen Mittelfelds schlussendlich zum Tragen kommen kann. Die Bauern werden abgetauscht und Schwarz hat weder einen sicheren König, noch forciertes Gegenspiel – Der Anziehende wäre hier am Drücker.
Doch Liliane agierte aus der Vorsicht heraus und versuchte ihre Stellung mittels f3 zu konsolidieren – ABER der große Nachteil hier: Dadurch war leider ein Matt in 3 am Brett. Eine von Liliane an sich schöne und generell lehrreiche Partie – aber mit einem charakteristischem Merkmal das lautet:
Zu Vorsichtig! 0 : 1
Unsere Dritte Mannschaft zeigte erneut, dass sie von Brett 1 – 8 überlegen sein kann und bleibt somit durch ihre Gesamtqualität ein starker Aufstiegsanwärter in der Bezirksliga Süd 2019/20
Gratulation!!